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und Kritiken.
Berichtu
aufsteigt und dessen Thurmspitze sich in fast verwegen barockem Style
bunt emporgipfelt. Unter den Häusern, alle mit ihren Vor-Terrassen und
Beischlägen versehen, zeichnet sich der vielgefeierte Artushof aus, dem
der Künstler hier noch die breite beischlagähnliche Prachttreppe erhalten
hat, welche in der Wirklichkeit vor einer kurzen Reihe von Jahren einem
schmalen, ungleich dürftigeren Treppenbau weichen musste.
3. Südliches Seitenschili" von St. Marien, Innen-Ansicht. Achteckige
Pfeiler, mit leichten Eckprofilen versehen, massig und in erheblicher Höhe
emporsteigend, und über dem Seitenschiff eines jener seltsamen, aus kleinen
Kappen zellenformig zusammengesetzten Gewölbe tragend, die fast nur in
Preussen vorkommen, während das Mittelschiif ein sternförmiges Gurten-
gewölbe zeigt. Malerisch bunt durch die Altäre, die eingebauten Betstühle
und Kapellen, und besonders durch die Menge alter, zum Theil schon
sehr vermorschter Fahnen, die an den Pfeilern ausgehängt sind.
4. Der Stadthof, wo weiland die Pferde und Karossen des wohlweisen
Rathes gefüttert und aufbewahrt wurden, ein trefflich gruppirtes Bild ein-
facher, und doch wiederum so eigenthümlich bezeichnender Architekturen.
Der Stadthof bildete die südwestliche Abgrenzung der Rechtstadt Danzig
und ist hier vom Wall aus aufgenommen.
5. Thurm am Stadthofe, erbaut 1343, abgetragen 1846. Ebenfalls ein
bezeichnendes, ob auch schlichtes Beispiel unsers eigenthümlichen nord-
deutschen Wesens. Ein enger Hof mit fast rohen Wirthschaftsgebäuden
zu den Seiten; im Grunde ein Paar ältere Gebäude, die durch Giebel-
zierden ein charakteristisches Ansehen gewinnen und drüber empörsteigend
der einfach derbe Bau des Thurmes, ebenfalls mit eigenthümlichen, mit-
telalterlich gestalteten Erkergiebeln. Als Staifage ein alter Gaul, dessen
Zähne untersucht werden, vielleicht als Anspielung auf das Alter des
Thurms, dessen Verlust von den Alterthumsfreunden lebhaft beklagt wurde.
6. Detailblatt. Aufrisse der Facaden von St. Marien, St. Katharinen
und St. Peter und Paul, nebst besonderen Einzeltheilen vom Aeusseren
dieser Kirchen. Schätzbare Beiträge für die Formenweise des nordischen
Backsteinbaues in seiner zumeist einfacheren und derberen Behandlung,
sowie für das malerische Element, welches dabei zugleich, mehr oder
weniger, in der Gruppirung hervortritt.
Es dürfte fast überflüssig sein, zu erwähnen, dass die Blätter durch-
weg mit klarem Verständniss der dargestellten Gegenstände gefertigt sind.
Sie geben, wie die der früheren Hefte, mannigfache Belehrung über jene
alterthümliehen Architekturformen und ihre Erscheinung, nachdem Jahr-
hunderte darüber hingegangen sind. Sie werden somit auch diese Er-
innerungen auf eine folgende Zeit hinübertragen und manch ein Werk
wenigstens im Bilde erhalten, wie es schon jetzt bei ihnen mit verschie-
denen, in jüngster Zeit verschwundenen Denkmalen alter Macht und Pracht
der Fall ist. In der künstlerischen Behandlung strebt Hr. Schult; mehr
und mehr nach einer vollen malerischen Wirkung, und er erreicht hierin
Erfolge, die in solchem Grade bei der Technik der Radirung überhaupt.
zumal aber in neuerer Zeit, selten sind. Als ein besonders ansprechendes
Meisterwerk in dieser Beziehung erscheint mir das Blatt mit der Darstel-
lung des Langen-Marktes; die bestimmte detaillirende Feinheit in der
Angabe der wechselnden Architekturformen, verbunden mit allem Reiz
einer energischen Licht- und Schattenwirkung dürfte mit andern Darstel-
lungsmittcln schwerlich in solcher Weise zu erreichen sein, Auch jene