Das Erm
IÜWÄOII
Athen
Das Erechtheion zu Athen nebst mehreren noch nicht bekannt ge-
machten Bruchstücken der Baukunst dieser Stadt und des übrigen Grie-
chenlands. Nach dem Vverke des Hrn. Inwood mit Verbesserungen und
vielen Zusätzen herausgegeben, durch eine genaue Beschreibung dieses
Tempels und eine vollständige Geschichte der Baukunst in Athen vermehrt
durch Alexander Ferdinand von Quast, Ehrenmitglied der archäo-
logisfllßll Gesellschaft in Athen. Berlin, 1840. Verlag von George Gro-
pius. (Atlas in Grossfolio mit 42 Tafeln; 'l'ext in Octav, 193 Seiten und
4 lnschrifttafelrl.)
1341,
(Kunstblatt,
Nro,
Ueber das genannte Werk ist in diesen Blättern l) schon vor einiger
Zeit gesprochen; doch ist im Wesentlichen nur das Gebäude des Erech-
theums, wie wir dasselbe durch diese und andre Mittheilungen kennen,
nicht aber die Arbeit des Herausgebers und ihre etwanige Bedeutung für
die heutige Kunst und Wissenschaft ins Auge gefasst worden. Es dürften
somit die folgenden Bemerkungen für das Interesse des Lesers gleichwohl
nicht überflüssig sein.
Das Erechtheum, was seine Anlage betrifft, schon an sich ein sehr
interessantes archäologisches Problem, steht in künstlerischer Bedeutung
ganz einzig unter den architektonischen Resten der griechischen Blüthezeit
da. Es ist das reichste und edelste Werk ionischen Styles, das wir ken-
nen; seine Formen sind durchweg in einer gemessenen Schönheit gebildet,
in einer Eleganz und Präcision ausgeführt, dass seine Betrachtung das lau-
terste Wohlgefallen, eine nie endende Bewunderung erweckt, und dass es
als einer der allerwichtigsten Gegenstände für das künstlerische Studium
bezeichnet werden-muss. Durch das bekannte Werk von Smart besassel.
wir schon früher eine allgemeine Darstellung dieses Gebäudes; diese Dar-
stellung ist allerdings insofern auch für unsre Zeit noch höchst wichtig,
als manche Stücke des Baues seit der durch Stuart veranstalteten Aufnahme
untergegangen sind; das architektonische Detail Jedoch, in de" zartercny
feineren Motiven seiner Ausbildung, nwflurclr eben jene höchste Vollen-
dung der griechischen Architektur bezeichnet wird. aufzufassen, war überall
und so auch hier uicheStuarts Sache; 61' hatte hinlänglich zu thun,
indem er vorerst nur 1116 allgemeine Bedeutung der griechischen Formen
dem verdorbenen römischen Geschmack seiner Zeit gegenüberstellte. lnwood
war es, der in seinem Werkilber das in Rede stehende Gebäude (the Erech-
theion of Athene) mit rühmlicher Sorgfalt auf die cigeuthürnliche Bildung
der Einzelheiten einging, der dieselben in grossem Maassstabe, ihre pla-
stische Formation überall durch eingezeichnete Proiildurchschnitte dar-
stellte, der solcher Gestalt Gelegenheit gab, das anmuthvollste NVcrk grie-
chischer Architektur fast vollständig vor dem inneren Blick aufzurollen.
Zugleich hatte lnwood darauf Bedacht genommen, eine Reihe andrer atti-
scher Architekturfragmente _und dekorativer Stücke, die demselben reiche-
ren, glänzenderen und zierlicheren Style angehören, ebenso ausführlich mit-
Zutheilgn, so dass sein Werk das zwiefache Verdienst hatte: diesen Styl
uns sowohl in einer Vollendung und Ausbreitung zu vergegenwärtigen,
1) Kunstblatt,
1840,
Nro.