Die Deckengemälde in
der
Alhambra.
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Solche sonst nur bei den Christen gebräuchlich war, zur Ausführung "e-
kommen sei. Sie werfen zugleich aber auch ein näheres Licht, auf äen
lnhalt dieser Gemälde. Durch die letzteren, und namentlich durch die
Darstellung der Jagden auf maurischem Gebiet, in der Nische zur Linken,
geht in der That eine Freudigkeit des Lebens, ein ritterliches Nebenein-
ander von Mauren und Christen bei glücklichster Bethätigung des Daseins,
wie dies nur bei Zuständen, den eben geschilderten entsprechend, wirklich
in die Erscheinung getreten war. Und wenn, unter den kolossalen Für-
stenhildern der Mittelnische, jener würdevolle Greis, der das Schwert in
die Scheide stösst, sich als die Hauptfigur kundgiebt, so dürfen wir in ihm
wohl nur das Bild Jussuf's, des gesegnetcn Friedensfilrsten, erkennen.
Es bleibt noch zu erörtern, wer diese Malereien ausgeführt haben
dürfte. Es sollen sich in Spanien, wie mich Herr Gerhardt versichert,
wenig alte Wandmalereien, deren Charakter dem der Gemälde der Alhambra
entspräche, vorfinden. Dies mag mit ein Grund gewesen sein, weshalb man
in Spanien, wie es scheint, vorzugsweise geneigt ist, ihre Ausführung frem-
den, und zwar italienischen Meisterhänden zuzuschreiben, ebenso, wie
es bei uns in Deutschland in ähnlichen Fällen geschah, ehe wir auf die
selbständige Fülle unserer eignen alten Kunst näher aufmerksam geworden.
Das Element des germanischen Styles und die ersichtliche freiere Entfal-
tung desselben leitete dabei folgereeht auf die Zeit der späteren Giottistcn.
Man fand bei Vasari, dass nicht bloss der Florentiner Gherardo Star-
nina, in der späteren Zeit des vierzehnten Jahrhunderts, sondern dass
namentlich auch Dello, gleichfalls aus Florenz, in der früheren Zeit des
funfzehnten Jahrhunderts, und dieser letztere bei wiederholtem Besuch.
mit Ruhm und Ehren gekrönt in Spanien gemalt habe. Ihn glaubt man
mithin als den Meister dieser Werke nennen zu dürfen, indem man zu-
gleich eine Bestätigung dieser Ansicht darin findet, dass das Kostüm der
christlichen Ritter in den Malereien der beiden Seitennischen zum Theil
sehr entschieden an toskanische Sitte erinnert. Das Letztere ist in der
That der Fall. Doch kennen wir dies Kostüm eben aus vorhandenen tos-
kauischen Bildern, während für gleichzeitiges spanisches Kostüm die Belege
minder bekannt sind. Die Elemente desselben gehen aber, mit diesen oder
jenen Modificationen, durch das Gesammtkostüm der Zeit; sie finden sich
bei Franzosen und Deutschen und werden somit ähnlich auch bei den
Spaniern Verbreitung und Durchbildung gefunden haben. Der Beweis aus
dem Kostüm scheint mir also nur dann gültig, wenn dargethan ist, nicht,
dass es an italienische Sitte erinnere, sondern dass es mit spanischer Sitte
im Widerspruch stehe, was seine Schwierigkeiten haben dürfte. Das We-
sentliche, worauf es im ungleich höheren Grade ankommen muss, ist die
künstlerische Behandlung, der künstlerische Styl. Was Dello selbst
abgesehen von dem wohl noch minder in Betracht zu ziehenden Starnina
hierin geleistet, dürfte wiederum schwer festzustellen sein. Wenn seine
Betheiligung an den monochromen Wandmalereien im Kreuzgange von S,
Maria Novella zu Florenz, deren Vasari gedenkt, näher nachgewiesen wer-
den kann, so dürfte hieraus eben kein allzugünstiges Vorurtheil für ihn
als Urheber der Malereien in der Alhambra zu entnehmen sein. Aber die
Richtung der Giottisten im Allgemeinen und ihre Art und Weise zur Zeit
des Dello, unmittelbar vor der reformatorischen Einwirkung Masaccios, ist
hinlänglich bekannt, und hieraus glaube ich sehr entschiedene Gegengründc
gegen die Annahme, dass jene Gßlnälde von einem" Künstler dieser italie-