Luuas Oranach
und Werke.
des Aelteren Leben
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greitlich machen, zumal wenn man damit die ganze Fassung jenes gleich-
zeitigen erneuten Anstellungsdekretes vom Jahre 1552 yergleicht, das, bei
aller ehrenhaftesten Anerkennung von Cranach's Verdiensten, doch den
Unterschied von' Herrn und Diener in keiner Art aus den Augen lässt.
Dann trägt das Mittelbild nicht bloss das spätere Datum 1555, welches als
das der Vollendung, zwei Jahre nach des alten Meisters Tode angenommen
wird, sondern zugleich diejenige Form des Künstlerzeichens, die der Ver-
fasser ganz bestimmt, auch in Beziehung auf diesen Fall, als die des jün-
geren Cranach bezeichnet. Ich muss gestehen, dass ich hierin (nicht in
der Zahl, wohl aber in dem Zeichen), an einem Werke, welches im We-
sentlichen von dem hochgefeierten Vater herrührt, eine Anmaasslichkeit
von Seiten des Sohnes würde erkennen müssen, die so wenig mit der kind-
lichen Pietät in Einklang zu bringen sein möchte, wie noch weniger mit
der Sorge, durch solches Verfahren den doch vielleicht sehr bedenklichen
Unwillen der fürstlichen Herrschaft, welche den alten Meister jedenfalls
sehr werth hielt, zu erwecken. Ich wiederhole: ich bin völlig ausser Stande,
hiemit in eine artistisch kritische Streitfrage einzugehen; dennoch aber
scheinen mir die angeregten Bedenken keinesweges ihrem Gewichte ent-
sprechend erwogen zu sein und somit noch einer anderweitigen Lösung zu
bedürfen.
Bei Gelegenheit des schönen Gemäldes von Cranaeh im Dome zu
Erfurt, welches die Vermählung der h. Katharina darstellt, eitirt der Ver-
fasser die in der zweiten (von J. Burckhardt bearbeiteten) Auflage meines
Handbuches der Geschichte der Malerei etc. enthaltene Angabe, dass das-
selbe vom Jahre 1509 herrühre. Er bemerkt (I, S. 297), er könne nicht
vermuthen, wo diese Notiz herrühre. Die Angabe gehört meinem ver-
ewigten Freunde L. v. Schorn an. Leider kann ich augenblicklich nicht
bestimmt ermitteln, wo sie sich bei ihm befindet; vermuthlich habe ich sie
ungedruckteu Arbeiten seiner Hand. dergleichen mir freundlich mitgetheilt
waren, entnommen. In die erste Auflage meines Handbuches hatte ich das
Folgende, als Aeusserung v. Schorrfs über jenes Bild von Cranach, einge-
tragen: „Hier ist er ganz der deutsche Francial Welche Lieblichkeit in
den Köpfen der Maria, des Kindes, der Katharina und der beiden Engel!
Welche Innigkeit der Empfindung, welche Zartheit des Gefühls, welche
Glut der Liebe spricht aus ihnen! Und die Farbe athmet doch den wärm-
sten Hauch des Fleisches, die tiefste gesättigste Pracht der Gewänder. Das
Bild ist von 1509, gehört also in die erste Zeit von Cranach's Aufenthalt
"in Sachsen, der nicht über 1504 zurückzugeben scheint." Ich hatte hinzu-
gefügt, v. Schorn sei geneigt, Cranach zu Francia in die Schule zu schicken.
Ohne Zweifel wird sich zu Weimar die angeführte Stelle leicht in v.
Schorn's Schriften auffinden lassen.
Die Darstellung eines, in einer Landschaft sitzenden Ritters, dem ein
älterer Ritter drei nackte Mädchen verführt, die in einer ganzen Anzahl
von Exemplaren vorkommt und meistens als „das Urtheil des Paris", ge-
legentlich auch als „der Ritter am Scheidewege" bezeichnet wird, erklärt
der Verfasser, nach Rathgebefs Vorgang, als Gegenstand einer brittischen
Sage. den König Alfred vorstehend, der auf einem Besuche bei seinem
Vasallen Albonak ein bedenklißlleß Wtihlgefallen an dessen Töchtern ge-
funden hatte und dem der Vater zur Morgenstunde. im Beisein der Mutter
und eines Sohnes, die Töchter cntkleidet zuführt, mit der ernstlichen Ver-
sicherung, er werde sie alle drei tödten, wenn sein Argwohn begründet