"678
Bericht-e und
Kritiken.
völlig ungewiss, da Derjenige, auf den sich diese Angabe bezieht, im Album
der Universität "Johannes Sonder" genannt wird (was bisher die ebenso
ungewisse Hauptstütze für Cranach's ursprünglichen Familiennamen bildete)-
Dagegen liegen, namentlich in einem langen lateinischen Klagegedicht auf
seinen Tod, die bestimmtesten Zeugnisse für seine künstlerische Wirksam-
keit und die Bedeutung derselben vor. Es werden darin, neben einigen
kirchlichen Bildern, besonders Darstellungen mythologischen Inhaltes ge-
rühmt; es wird gesagt, dass er Luthers Bildnisse zu Tausenden gemalt habe;
es wird ihm, was besonders wichtig ist, der schärfere Geist, dem Vater das
grössere künstlerische Vermögen zugeschrieben:
flit plus 2' ngeni 2' , genitor jalus artis habebat.
Hr. Schuchardt hat (S. 118, ff.) sehr sinnreich eine Reihe von Bildern zu-
sammengestellt, die sich, namentlich in den weiblichen Gestalten, durch
einen zarten bläulichen Silberton und das geringere Hervortreten der. dem
Vater eigenen scharfen Umrisslinien auszeichnen und die von Johann her-
rühren dürften.
Der zweite Sohn, Lucas, ist der bekannte "jüngere Cranach", den der
Verfasser als trefilichen Coloristen und als ausgezeichnet im Portraitfach
bezeichnet und für den er (S. 243, f.) ebenfalls einige charakteristische
Werke anführt. Der Verfasser hat sich die Herausgabe einer besondern
literarischen Arbeit über ihn vorbehalten. lch erlaube mir, eine Bemerkung
in Bezug auf ihn und sein künstlerisches Verhältniss zum Vater hinzuzu-
fügen. Wir besitzen eine wichtige, vom Verfasser in sorgfältiger Ueber-
setzung mitgetheilte Denkschrift über den älteren Cranach, abgefasst von
M. Mathias Gunderam aus Cronach, der von 1546 bis 1556 Hauslehrer in
der Familie des jüngeren Cranach war und der diese Urkunde 1556 in den
Thurmknopf der Wittenberger Stadtkirche niedergelegt hatte. In derselben
wird u. A. jenes Gespräch Karl's V. mit Cranach im Lager vor Witten-
berg, 1547, ausführlich mitgetheilt. Bei dieser Gelegenheit sagt der Kaiser
zu ihm: "Dein Fürst hat mir zu Speyer, beim Reichstage, eine trefflich
gemalte Tafel geschenkt, die Einige von Deiner Hand, Einige von der
Deines Sohnes hielten" etc. Aus diesen Worten geht meines Erachtens
bestimmt hervor, dass man schon bei Lebzeiten des älteren Cranach unter
Umständen nicht zu sagen wusste, was von dem Einen und was von dem
Andern gemalt sei, dass also ihre künstlerische Behandlungsweise unter
Umständen sehr ähnlich sein musste. Dem Verfasser scheint aber diese
Schlussfolgerung nicht genehm gewesen zu sein; er bemerkt kurzweg, Gun-
deram habe mit jener Aeusserung dem jüngeren Cranach wahrscheinlich
ein Compliment machen irollen. Mir scheint eine Auslegung solcher Art,
die dem Magister an der einen Stelle eine unwürdige und in jeder Bezie-
hung unschickliche Schmeichelei zuschiebt, während an der andern seine
Autorität als unumstösslich gepriesen wird und während er selbst sich mit
der Versicherung seiner Gewissenhaftigkeit nur an die Nachkommen wendet,
völlig willkürlich. Ich halte vielmehr dafür, dass Kaiser Karl's Ausspruch
über die beiden Cranache, mögen die Urtheilgeber, auf die er sich bezieht,
auch keine vorzüglich ausgezeichneten Kunstkenner gewesen sein, doch
immer sehr berücksichtigungswerth bleiben muss.
Als andre CranacNsche Schüler nennt der Verfasser: Vischer (Peter?),
Martin, Mathias und WVolfga ng Krodel, Gottfried Leigel, Peter
Gottland, Johann Kreuter, Georg Böhm, und führt. das Wenige