Lucas Cranach
des Aelteren
Leben und
Werke.
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nach dem damaligen Geldwerthe, auf ein sehr ansehnliches und wohl
verwaltetes Vermögen Cranach's schliessen lässt. In Gotha bcsass Cranach
ein eignes Haus.
Eigenthümlich bedeutungsvoll, wie im Allgemeinen bekannt, sind
Endlich Cranachs letzte Lebensjahre. Wenn die ersten Jahrzehnte seines
Lebens dem Biographen nichts Bestimmtes bieten, so geben diese zu eine;
um so reicheren Schlussdarstellung Gelegenheit. Der schmalkaldische
Krieg war ausgebrochen, die unglückliche Schlacht bei Mühlberg (24. April
1547) führte den Kurfürsten Johann Friedrich in die Gefangenschaft des
Kaisers und nöthigte ihn zur Verzichtleistungauf die Kurwürde. Karl V.
stand mit seinem Heere vor Wittenberg. Hier liess er den alten, bereits
fünfundsiebzigjährigen Meister zu sich in das Lager entbieten und empfing
ihn. seiner künstlerischen Leistungen gedenkend, sehr gnädig. Cranach
legte eine dringliche Fürsprache für seinen unglücklichen Herrn ein. Die
gewöhnliche Annahme ist, dass sich Cranach sofort zu Johann Friedrich
begeben habe, das Gefangniss desselben zu theilen; Hr. Schuchardt weist
indess nach, dass er die nächsten Jahre noch in Wittenberg blieb, auch
für diese Frist, als nicht in den Diensten des Fürsten, kein Gehalt em-
pfing. Doch gab es viel zur Ordnung der Besitzthümer des letzteren,
namentlich der Kunstsachen, zu thun, wobei Cranach, bei dem sich Man-
cherlei der Art im Verwahrsam befand, lebhaft mit in Anspruch genommen
wurde. Interessant ist es, hiebei die ungemeine Sorge zu ersehen, die einem
Gemälde Dürefs, seiner Darstellung der zehntausend Märtyrer, das sich
früher in der Schlosskirche zu Wittenberg befunden hatte, gewidmet wurde.
Der Fürst liess sich das Bild als einen kostbarenSchatz zuschicken und machte
damit, wie es scheint, dem Kaiser ein Geschenk; es ist ohne Zweifel das
jetzt im Wiener Belvedere befindliche berühmte Gemälde Dürer's. Johann
Friedrich konnte aber den Verkehr mit Cranach und die Theilnahme an
dessen künstlerischer Thätigkeit auf die Dauer nicht entbehren; er liess
den alten Meister wiederholt zu sich einladen, und dieser kam endlich,
im Jahre 1550, zu ihm und blieb bis zum Ende seiner Gefangenschaft,
zwei Jahre und zwei Monate, in Augsburg und in Innsbruck bei ihm.
Wieder eine überaus grosse Fülle von Arbeiten, darüber die Notizen vor-
liegen, fertigte er während dieser Zeit, u. A. ein Bildniss Tizians, der
sich 1550 in Augsburg aufhielt, auch jenes Bild von Diana und Actäon,
das er in seinen naiven Notizen mit den ergötzlichen, schon sonst bekannt
gemachten Worten bezeichnet: "Die anna die den geger begeust das ein
Hirs aus im wird." Gegen Ende 1552 kehrte er mit dem Fürsten heim
und nahm, wie dieser, seinen Aufenthalt in Weimar. In sehr ehrenhafter
Anerkennung seiner Dienste empfing er ein förmliche-s Anstellungsdekret,
in welehem ihm seine bisherige Besoldung nebst Hofkleidung für Winter
und Sommer und Kost bei Hofe auf Lebenszeit bestätigt wurde. Er starb
am 16. October 1553, 81 Jahre alt-
Es geht ebenes aus dem Leben Cranachs, wie aus der Beschaifenheit
der unter seinem Namen cursirenden Werke hervor, dass er mit einer
Menge von Schülern und Gesellen arbeitete. Die vorzüglichste Bedeutung
unter diesen haben seine beiden Söhne. Hr. Schuchardt hat das Verdienst,
die bisher gänzlich übersehene künstlerische Bedeutung des älteren der-
selben, Johanns (der 1536 starb), hervorgehoben zu haben. Dass dieser
im J, 1517 auf der Wittenberger Universität irnmatrikulirt wurde, (Qhfle
dabei jedoch, als noch zu jung, den Studenteucid leisten zu können,) 1st