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Berichte und Kritiken.
Handwerksmeister zu Diensten gewesen sei. Und noch manchen andern
einträglichen Handel, seinem Berufsfache selbst ziemlich fern liegend,
wusste er damit zu verbinden. S0 lieferte er, 1513, für ein fürstliches
Hochzeitsfest elf Renndecken, dreizehn Stechdecken und zehn Helmzeichen
(zum Turnier), sowie eine Anzahl grosser und kleiner Wappen, mit denen
die Teppiche versehen wurden. 1517 malte er u. A. zwei Schlitten. 1520
kaufte er die Apotheke zu Wittenberg, sie „mit seinen Knechten" zu be-
stellen, und empfing zu deren Betrieb ein ausführliches Privilegium vom
Kurfürsten. 1521 malte er die Orgel im Schloss zu Weimar. 1525 wird
seines Buchladens, mit welchem zugleich ein Papierhandel verbunden war,
erwähnt. In demselben Jahre malte er (oder liess er malen) im Rathhause
zu Wittenberg die Decke der neuen Weinstube und die Treppe, und liess
die Fenster der oberen Stube grün anstreichen. 1533 hatte er ein und
dieselbe Kunstarbeit schockweise, also wiederum in völlig handwerk-
lichem Betriebe, zu liefern, nemlich 60 kleine Tafeln mit den Bildnissen
Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen, wofür er 109 Gulden
und 14 Groschen empfing. 1534 gab es viel Arbeit am Schloss zu Torgau;
Cranach lieferte dazu Kunstarbeiten, wie Entwürfe zu Fenstermalereien.
besorgte aber auch den grünen Anstrich des „Hauses im Garten." 1537.
wie auch früher und später, lieferte er zahlreiche grosse Malereien auf
Leinwand zu geringen Preisen, ohne Zweifel in Leimfarbe ausgeführte
Teppichdekorationen, davon übrigens nichts auf unsre Zeit gekommen ist.
Wahrscheinlich im J. 1542, zum Wolfenbüttler Kriegszuge, hatte er allerlei
zur Ausrüstung Gehöriges zu beschaffen, eine ungeheure Masse gedruckter
Wappen, Heerbanner, Fahnen und Fähnlein; auch liess er 40 Stück Helle-
barden roth anstreichen und firnissen. Im J. 1543 wieder Rcnndeßken zur
Fastnacht. 1545 wieder allerlei Handwerksarbeit zu Torgau. U. dgl. m.
Nicht minder wurde er gründlich für Zwecke der städtischen Verwaltung
in Anspruch genommen. Bereits 1519 kommt er in den Kämmereirech-
nungen als Rathsmann und Kämmerer vor. 1537 wurde er zum ersten Mal
und 1540 zum zweiten Mal zum Bürgermeister erwählt, welches Amt er
dann bis 1544 verwaltete. Es ist, auch zum Verständniss von Cranach's
künstlerischer Richtung, nicht ganz unwichtig, auf alle diese Dinge einen
Blick zu werfen.
Sonst kommen für ein etwaiges Hinaustreten Cranachls in das öffent-
liche Leben keine sonderlichen Züge vor. Bei einem tollen Studenten-
Krawall im J. 1520 wird er von den Studenten von Adel darüber ver-
klagt, dass er sammt seinen Gesellen Waffen trage, was ihnen zum grossen
Hohn gereiche. Der Krawall scheint arg genug gewesen zu sein, beson-
ders durch Schuld der akademischen Behörde, was u. A. Luthers lebhaf-
testen Unwillen erregte. Cranach empfand es sehr übel, dass die Studenten
ihn bei dieser Gelegenheit duzten.
Seine häuslichen Verhältnisse erscheinen als die eines tüchtigen deut-
schen Bürgers. Er lebte in glücklicher Ehe und verlor seine Gattin, eine
geborne Brengbier aus Gotha, im J. 1541. Zwei Söhne waren geschätzte
Maler. Der ältere, Johann, starb auf einer italienischen Reise, zu Bologna,
1536; der zweite, Lucas, 1515 geboren und 1586 gestorben, ist der unter
dem Namen des "jüngeren Cranach" bekannte Künstler. Ich komme auf
beide im Folgenden zurück. Die Töchter Cranach's, drei oder vier, waren
an angesehene Männer verheirathet; die eine wird als ausgezeichnet schön
erwähnt. Das Erbtheil der einzelnen Tochter betrug 5000 Gulden, "was,