Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

Granach 
Lucas 
des Aalteren 
Leben und 
Werke. 
675 
Cranaeh im J. 1509 im Auftrage des Kurfürsten,  mit einer (liploma- 
Tischen Mission, wie es den Anschein hat. unternahm, in Verbindung zu 
bringen. Er malte auf dieser Reise den damals achtjährigen Karl (nach- 
mals Karl  dem Kaiser Maximilian von den Niederländern huldigen 
liess. Zu Friedrich dem Weisen und zu dessen beiden Nachfolgern, Jo- 
hann dem Beständigen und Johann Friedrich, stand er unausgesetzt in 
nahem persönlichem Verhältniss. Bei dem Leichenbcgängniss Friedrichs 
des Weisen, 1525, war er, nebst einem Zweiten, beauftragt, die Sterbe- 
grosehen unter die Armen zu vertheilen. 
Ausser diesem sächsischen Fürstenhause waren es besonders Personen 
des brandenburgischen Kurhauses, die seine Dienste in Anspruch nahmen. 
Den bekannten Kardinal Albrecht, den Bruder des brandenburgischen Kur- 
fürsten Joachim l., hat er häufig gemalt. Auf Erfordern des kunstlieben- 
den Kurfürsten Joachim II. befand er sich 1541 in der brandenburgischen 
Mark. Besonders aber war ihm ein andrer Bruder Joachims 1., der Mark- 
graf Albrecht, früher Hochmeister des deutschen Ordens und seit 1525 
Herzog in Preussen, zugethan1). Dann wird, zum J. 1519, bemerkt, dass 
Cranach's Bilder auch in Frankreich Beifall fanden; die Mutter des Königs 
Franz I. erbot sich, dem Kurfürsten Friedrich dem Weisen für die Ueber- 
sendung solcher  Reliquien zuzuschieken. 
"Wichtiger noch erscheint Cranach's persönliches Verhältnissszu den 
grossen kirchlichen Reformatoren. Sein inniges Freundschaftsverhältniss 
zu Luther ist bekannt. Sie waren gegenseitig Pathen ihrer Kinder; als 
Cranach's ältester Sohn gestorben wart ging Luther zu ihm und Sprach 
ihm mit schönen festen Worten, die uns aufbehalten sind, Trost zu. Ebenso 
stand er zu Melanchthon in nächster freundschaftlicher Beziehung. Sehr 
ergötzlich ist es, zu linden, dass Melanchthon gelegentlich biblische Bilder 
entwarf und Meister Lucas dieselben berichtigte und ausführte. So nahm 
er auch mit den ihm verliehenen Waffen an dem grossen reformatorischen 
Kampfe Theil, wie u. A. sein in Holz geschnittenes Passional Christi und 
Antiehristi vom J. 1521, in welchem die Thaten Christi und die des Papstes 
einander gegenübergestellt sind, bezeugt. Ebendahin gehört sein Holz- 
schnittwerkchen, das Papstthum, vom J. 1545, das freilich, wie der Kampf 
wilder geworden war. auch in wilderen Darstellungen sich erging, also 
dass selbst Luther von einem der Blätter desselben sagen musste: „sed 
mester Lucas est ein grober oraler." 
Zahlreiche Dokumente, zumeist Quittungen über empfangene Zahlung, 
enthalten die Nachricht über künstlerische Arbeiten, die Cranach für seine 
fürstlichen Herren ausführte; doch lässt sich nur in den seltensten Fällen 
aus diesen ein Bezug auf vorhandene Werke seiner Hand entnehmen. Die 
Fülle der erhaltenen und die Fülle dieser nur urkundlich aufgeführten 
Werke giebt solchergestalt schon das Bild einer fortlaufenden höchst be- 
deutenden Thätigkeit. Aber damit war sein Thun keineswegs abgeschlossen. 
Auch alles Handwerkliche, was in sein Fach einschlug, lieferte er, ein 
Wahres Factotum, für seine Herrschaft, und es ist völlig wahrscheinlich, 
dass er auch Jedermann sonst, gegen die erforderliche Zahlung, als guter 
 Dem sonst so kritischen Verfasser ist, S. 151 ff., das wundarliche "Ver- 
sehen begegnet, den Herzog von Preussen mit dem Kurfürsten von Brandenburg 
zu verwechseln und die preussischen mit den brandenburgischen Verhältnissen 
durcheinander zu werfen.
	        
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