Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

64 Berichte und Kritiken. 
Kunst nicht an Beispielen. Sehr wichtig sind sodann die Arbeiten der 
karolingischen Periode. Der Charakter der Arbeiten unter Karl dem Gros- 
sen wird nach sicheren Beispielen festgesteutllnd die WeTke des neunten 
Jahrhunderts, namentlich die aus der Zeit Karls des Kahlen, von dieser! 
unterschieden. (Die Bibelhandschrift in" S. Calisto zu Rom, früher in St. 
Paul vor der Stadt, die durch dÜAgincourt bekannt ist, wird als der Epoche 
Karls des Kamen angehörig bezeichnet.) Diesen, noch immer antikisiren- 
den Werken gegenüber stehenudie der angelsachsiischen Kunst, deren Blüthe 
schon der Zeit um 700 angehort und die eine hochst eigenthümliche Aus- 
bildung eines nordischen (gewiss auf alt-nationaler Grundlage beruhenden) 
Formensinnes bekunden; auch in der frankischen, so wie selbst in der nie- 
(lerländischen Kunshzeigt sieh ihr Einfluss. Dann folgt die Bliithe deut- 
scher Kunst zur Zeit der sächsischen Herrschaft, unter byzantinischem 
Einfluss; als wichtigeBeispiele werden hier das Evangeliarium zu Trier 
und das" aus Epternach in der Bibliothek von Gotha, beide aus dem zehn- 
ten Jahrhundert herrührend, genannt. (Ihnen reihen sich die zahlreichen 
Miniaturen dieser und der nächsten Zeit, aus dem Dornschatze von Bam- 
berg, jetzt zumeist in München befindlich, an.) Für die mannigfaltigen 
Uebergänge im elften und zwölften Jahrhundert, in denen byzantinisch 
antike Einflüsse und nordische Formenweise durcheinander gehen, eben so 
für den lebhaften Aufschwung der Kunst um das Jahr 1200, werden zahl- 
reiche Beispiele angeführt; noch mehrere für die Entwickelung und Aus- 
bildung der gothischen Kunstrichtung in den verschiedeneirLändern im 
dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert, in denen zuerst die nationalen 
Elemente frei und unbehindert hervortreten. Höchst bedeutend lSil. sodann 
der neue Aufschwung. den die Kunst in der zweiten Hälfte des vierzehn- 
ten Jahrhunderts bei den Franzosen und Niederländern nahm. Hier ver- 
bindet sich mit der grösseren Strenge des gothischen Styles bereits das 
Streben nach Naturalistik und eigentlich malerischer Wirkung; namhafte 
Künstler. wie A. Beaunevveu, Jacquevrart, l-Iodin u. A., treten 
uns entgegen,  und die Kungtsghule, aus welcher die van Eyfcks hervor- 
gegangen sind, steht deutlich vor unsern Augen. Wie aber diese Meister 
sich aus der Schuh; del- Miniaturmalerei herausgebildet, so haben auch 
sie und ihrc Nachfolger eine grosse Menge der lhtßrßssarlilesteh Werke sol- 
Cher Art geschaffen. Der bedeutenden Anzahl schon bekannter "Arbeiten 
werden hier mancherlei neue und zum Theil sehr wichtigezugefugß, VPr- 
nehrnlich aber wird das Brevier des Herzogs VOIl Bedfürt (leizt zu Pans)? 
an welchem die Brüder van Eyck selbst und ihre Schwester Margaretha 
gearbeitet, ausführlich charakterisirt. Neben der niederländischen Schule 
des funfzehnten Jahrhunderts entwickelte sich, in der zweiten Hälfte des- 
selben, wiederum eine eigenthümliche französische Schule der Miniatur- 
malerei, die in einzelnen Leistungen allerdings den Niederländern ver- 
wandt, in andern aber auch sehr selbständig erscheint. Das Haupt dieser 
Schule ist Jean Fouquet von Tours, Hofmaler Ludwigs XI. Dann 
treten in die französische Kunst zugleich italienische Einflüsse hihßihi und 
schon in der früheren Zeit des sechzehnten Jahrhunderts, namentlich in 
den Arbeiten des Godefroy. zeigen sich hier Leistungen, die als das 
Vorbild der späteren Schule von Fontainebleau erscheinen. Endlich ist 
noch der Bemerkungen über italienische Miniaturmalereien des fhhflßhhlßrl 
Jahrhunderts, namentlich über Arbeiten des Attavante, und über solche, 
Berichte und Kritiken.
	        
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