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Berichte und
Kritiken.
Inodellirten Werkes? oder in Theilen des Modelles selbst? und in welchen
Theilen? Die Fragen möchten kaum zu beantworten sein. Noch bedenk-
licher aber scheint es mir, die Inschrift ohne Weiteres anzufechten. Peter
Vischer soll der eigentliche Meister sein und Johann also nur ein sehr
sekundäres Verdienst um das Werk habenfund doch nennt der letztere
sich ohne Weiteres als den, der das Werk gemacht hat, nennt sich so
an einem Werke, welches der Hauptsache nach von seinem hochgefeierten
Vater herrühren soll. nennt sich so unmittelbar nach des letzteren Tode,
nennt sich so dem fürstlichen Hofe gegenüber, der das Werk bei dem
Vater bestellt hatte. Wir müssten erst sehr unverdächtige Zeugnisse über
Johann Vischefs moralische Unwürdigkeit und über die Beschränktheit
seines Verstandes haben, wenn uns das einleuchtend werden sollte. End-
lich, was das noch ungleich Wesentlichere anbetrifft: die Hauptsache an
dem oberen Denkmal, die Gestalt des Kurfürsten, ist von so untergeord-
netem Kunstwerth im Verhältniss zu Peter Vischer's unzweifelhaften Ar-
beiten, dass sie auch ohne die Inschrift, die uns den Sohn als Urheber
nennt, nicht als sein Werk gelten könnte. Uns bleibt nach alledem, in
Betreff des grossen (oberen) Denkmals, nur die Annahme: dass P. Vischer
den Antrag zur Ausführung desselben allerdings erhalten und angenommen
hatte, dies letztere aber vielleicht von vornherein nicht als erfindender
Künstler, sondern als Leiter seiner Giesshütte (eine Annahme, die durch
die Schlusswendung des Briefes vom Jahre 1524 doch nicht unbedingt
ausgeschlossen wird), dass er die eigentliche Arbeit. zu der er immerhin
einen flüchtigen Entwurf geliefert haben mochte, von vornherein seinem
Sohne Johann überliess, dass dieser sie durchführte und daher schliesslich
auch seinen Namen, ohne Kränkung der Ehre seines Vaters und ohne
anmaasslichc Verwegenheit gegen den brandenburgischen Fürstenhof, darauf
setzen durfte.
Dabei hatte die Arbeit von vornherein ihre eigenthümliche Schwierig-
keit, indem ein schon vorhandenes einfacheres Denkmal mit dem neu aus-
zuführenden grösseren cornbinirt werden sollte. Jenes war ohne Zweifel
bald nach dem Tode Joh. Cicerds, während Joachim I. noch minderjährig
war. gefertigt worden und vielleicht erst zwanzig Jahre später scheint das
Begehren nach reicherer Ausstattung desselben entstanden zu sein. Herr
Rabe hält nur die (isolirte) Figur des Kurfürsten auf dem unteren Denkmal
für den Rest dessen, was von dem vorhandenen beibehalten wurde, eine
Ansicht, mit der ich wieder nicht übereinstimmen kann, indem, meiner
obigen Darstellung zufolge, das ganze untere Denkmal in sich zu überein-
stimmend und von dem Style des oberen zu verschieden ist; auch kommt
hinzu, dass die Basen der Pfeiler, welche das obere Denkmal tragen, mit
den Linien der unteren Platte nicht genau correspondiren, auch jene go-
thischen Rosetten keine ganz angemessenen Plinthen für die Löwen ab-
geben. Ich muss also das ganze untere Denkmal als das ältere und schon
vorhanden gewesene betrachten und finde dies auch in dem Briefe Peter
ViSChßFS Vßllkommen bestätigt, indem hierin dem „Grab" oder nßegräb-
niSS" (dem anzufertigenden oberen Denkmal) die „Tafel" (das untere) ent-
gegengesetzt wird, von deren „Form", "Stellung" und nGeschicklichkeit"
P. V. dies oder das vergessen habe und darum die Rücksendung einer der
Zeichnungen, diß CF darüber entworfen. erbittet. Sich so einem gegebenen
Werke mit dem neuen zu accomodircn mochte aber schon den Künstler