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und
Berichte
Kritiken.
einfache, aber wiederum mit ebensoviel Haltung wie lebendigem Gefühl
durchgeführte Behandlung; von ganz vortretflicher Zeichnung ist das per-
spektivisch zurückgeschobene Aermelgewand des mit dem Scepter erho-
benen rechten Armes. Der Styl des Faltenwurfes zeigt eine, auf der
Grundlage des conventionelleren Zeitgeschmackes sich schon entschieden
geltend machende freierc Bewegung. Vor den Füssen der Gestalt steht
ein kleiner Schild mit dem Bilde des Kurscepters; der letztere hat eine
geschmackvoll gothische Blumenkrone. Die (durch den Mantel verdeckten)
Füsse des Kurfürsten ruhen auf einer architektonischen Basis, welche mit
einfach angegebenen Ornamentformen doch nicht mehr gothischen, son-
dern schon antikisirenden Styles versehen ist. Der übrige Theil der
unteren Platte ist, wie bereits angedeutet. aus vier Stücken zusammenge-
setzt, die Fugen derselben laufen quer durch, so dass überall der Rah-
men, nebst Allem, was dazu gehört, mit dem Grunde aus einem Stücke
besteht. Ein breiter flacher Rahmen bildet die Hauptumfassung der Ge-
stalt; er ist arseinen äusseren und besonders an den inneren Seiten mit
einfach sauberen gothisirenden Profilen versehen. In den oberen Ecken
des Grundes laufen diese Profile in geschmackvoll gothische Bogenfüllun-
gen zusammen, bei denen Blattwerk angebracht ist, dessen Styl der oben-
erwähnten Scepterkrönung entspricht. In den Füllungen sind zwei kleine
Medaillonköpfe, vermuthlich die Eltern des Joh. Cicero darstellend, ent-
halten, die Behandlung dieser sehr charakteristisch gebildeten Köpfe ist
ganz der des seinigen ähnlich. Nach aussen treten an den vier Ecken der
Gesammtplatte und in der Mitte ihrer beiden Langseiten Rosettenfclder in
einer, im gothischen Style sehr üblichen Form hervor. Auf sie sind die
Träger des oberen Werkes aufgesetzt; sie mögen ursprünglich etwa flache
Wappenschilder enthalten haben. Rücksichtlich der Beschaffung der
unteren Platte ist, wie sich aus dem Folgenden ergeben wird, sehr wahr-
scheinlich, dass sie durch die Vischefsche Hütte geliefert wurde. Ihre
'l'refi'lichkeit im Allgemeinen würde es nicht unthunlich machen, an Peter
Vischer's eigne Hand zu denken; doch liegt dafür keine bestimmten:-
Gewähr vor und ein besondrer Umstand (von dem unten) spricht eher
dagegen. Ueber die Zeit der Anfertigung giebt- der Styl des Werkes we-
nigstens eine annähernde Bestimmung; das etwas freiere Element in der
Behandlung des Faltenwurfes, die Einführung antikisirenden Ornamentes in
die sonst noch gothischen Formen deuten auf eine Zeit des künstlerischen
Ueberganges, die bei Peter Vischer selbst in den Beginn der Arbeiten
zum Sebaldusgrabe, also in das erste Jahrzehent (wohl zweite Hälfte des-
selben) des sechzehnten Jahrhunderts fallt.
Das obere Denkmal hat die Gestalt eines etwas flachen Sarkophages,
der von sechs viereckigen Pfeilern, an welche sitzende Löwen anlehnen,
getragen wird; die Pfeiler stehen auf den entsprechenden Stellen des
breiten flachen Rahmens des unteren Denkmales, die Löwen sind über
jenen Rosettenfeldern angebracht. Der Sarkophag, sargähnlich und in ver-
"hältnissmässig leichter Form gebildet, hat den Charakter des vollkommen
entwickelten Renaissancestyles, der sich ebenso in den leicht geschwun-
genen Profilen nach antiker Art, wie in den Ornamenten, in den Verzie-
rungen der am Rande umher-laufenden zehn Wappenschilde, auch in der
etwas mehr dekorativen Behandlung der Löwen ausspricht. Oben auf dcm
Sarkophage ruht die Hautreliefgestalt des Kurfürsten, die in der allge-
meinen Anordnung der des unteren Dcnkmales entspricht, aber, während