Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

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Berichte und 
K ritiken. 
es nicht für angemessen erachtet haben, ihm dabei die Bedingung zu stellen, 
dass er das Uebrige mit eigner Hand hinzufüge. So setze ich voraus, 
dass dies von untergeordneten Kräften seiner Werkstatt geschehen ist und 
dass von den letzteren  ausser dem gesammten architektonischen und 
dekorativen Arrangement  namentlich auch die Modelle zu jenen un- 
schönen Kinderiiguren in den oberen Eckfüllungen des Deckels und zu den 
Statuetten an den Seiten hinzugefügt sind. Die hiebei bemerkbaren Aehn- 
lichkeiten mit einzelnen Theilen des Sebaldusgrabes, welches den Meister 
zu jener Frist beschäftigte, lassen aber die unter solchen Umständen sehr 
begreitliche und fast nothwendige Einwirkung seiner Thätigkeit auf die 
der Gesellen deutlich erkennen.  
Das zweite Denkmal, welches sich in der Taufkapelle, der Stiftskirche 
zu Römhild befindet, ist das des Grafen Otto IV., gest. 1502. Döbner weist 
triftig nach, dass dasselbe ebenfalls nicht nach dem Tode des Grafen, son- 
dem früher gefertigt sei, und macht es wahrscheinlich, dass dies schon 
am Schluss der achtziger Jahre des fünfzehnten Jahrhunderts geschehen. 
Es-"ist, in sehr merkwürdiger und eigenthümlicher Anordnung, eine lebens- 
grosse Bronzestatue, auf einem Löwen und vor einer, in der Wand befind- 
lichen Steinplatte stehend, in welche letztere die ehernen Inschriftstreifen 
und acht Wappenschilder eingelassen sind. Die Wappenschilder sind roher 
behandelt, als die des andern Denkmales. Die Statue des Grafen zeichnet 
sich in ihrer Gesammtheit wiederum durch eine treftliche Naivetät aus; er 
ist ebenfalls völlig gepanzert dargestellt und alles Panzerdetail sorgfältig 
behandelt. Der Helm ist vom Kopfe ab- und der Kopf aus dem Halsberg, 
der die untere Hälfte des Gesichtes verdeckt, herauszunchmen. Dem Kopfe 
fehlt der Obertheil des Schädels; Haare und Ohren sind nur leicht ange- 
deutet. ln den Gesichtsformen zeigt sich ein vortrefflich individuelles, 
schon ziemlich weiches Gefühl und eine verhältnissmässig bedeutende 
Durchbildung, ebenfalls nicht allzu entschieden nach Nürnbergischer Art. 
Name oder Zeichen des Künstlers sind nicht vorhanden. 
Döbner hält auch dies Werk ganz und gar für eine Arbeit von Peter 
Vischer; Heidelolf sieht auch hierin einen Guss nach einem Stossischen 
Modell. Beides ist wiederumjiroblematisch, da es an den specielleren 
Kriterien fehlt; auch war V. Stuss in jener Zeit (wie neuerlich durch 
Nagler nachgewiesen) doch nur erst besuchsweise in Nürnberg anwesend. 
Der Guss mag allerdings, aus den schon bei dem vorigen Denkmal ange- 
führten allgemeinen Gründen, in der Vischerschen Giesshütte erfolgt sein; 
über den Verfertiger des Modells wird sich schwer etwas Bestimmtes sagen 
lassen. Ganz unwahrscheinlich ist es indess nicht, dass das Modell von 
demselben Künstler geliefert wurde, welcher die Bildnissgestalten des vorigen 
Denkmales modellirt hat. Es ist wenigstens eine äussere Aehnlichkeit in 
der Erscheinung der beiden fürstlichen Herren vorhanden; und es kann 
angenommen werden, dass, wenn ein Künstler einmal der fürstlichen Familie 
genügt hatte, man sich mit ähnlicher Bestellung demselben auch zum zwei- 
ten Male zuwandte. Doch bleibt das einstweilen freilich nur Hypothese.
	        
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