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Berichte und Kritiken
gültige Element wieder aufnehmen und darin den angemessensten Boden
für das classische Anforderniss der Zeit gewinnen, zu genügen gestrebt
wird 1). In den späteren Werken endlich erblicken wir einen vollständig
entwickelten Adel des Styles, welcher in so merkwürdiger Weise auf der
Verbindung freier Classicität und ungebrochener heimischer Gefühlsweise
beruht.
Wie sehr ich indess Peter Vischer's künstlerische Selbständigkeit
zu vertreten geneigt bin, so verkenne ich dabei doch keinesweges die
handwerkliche Seite seines Betriebes. Es liegt auf der Hand, dass
seine, schon von den Vorfahren her bestehende und gesuchte Giesshüttc
sich zunächst als solche erhalten musste, dass Fälle genug eintreten konn-
ten, wo man doch Anforderungen von mehr handwerklicher Natur an ihn
stellte, dass man ihm Entwürfe, Modelle und dergl. brachte und dann
nicht von ihm persönlich, dem erlindenden Künstler, sondern von dem
Meister der Giesshütte die Herstellung derselben in Metall forderte. WVie
leicht denkbar z. B. ist es, dass ihm für Bildnissdarstellungen auswärtiger,
entfernt wohnender Personen (etwa für deren Denkmal) das Bildniss in
der Zeichnung oder im ausgeführten Modell, geliefert und ihm allenfalls
nur überlassen wurde, das erforderliche dekorative Arrangement beschaffen
zu lassen! Mochte nun durch ihn selbst oder durch die Gehülfen in sei-
ner Hütte des Eigenen zur vollendeten Einrichtung des Werkes weniger
oder mehr hinzugefügt sein, so entstanden in solcher Weise wohl Werke,
die es sich nicht ziemte mit dem Namen oder dem Monogramm des Meisters
der Hütte zu versehen; und so in der That denke ich mir den Ursprung
jener Werke, die man sonst wohl der Vischerlschen Werkstatt zuschreibt.
Von dem Grabdenkmal des Bischofes Georg II. im Bamberger Dome, das
die Reliefligur des geistlichen Herrn enthält, wissen wir urkundlich,
dass dasselbe durch P. Vischer geliefert wurde, indem ihm um die Zeit
von 1505-1506 die Zahlung zu Theil ward; aber eben so urkundlich
wissen wir, dass die Zeichnung dazu von dem.Bamberger Maler Wolf-
gang Katzheimer herrührte. (Vergl. Heller, Beschreibung der bischöf-
lichen Grabdenkmäler in der Domkirche zu Bamberg, S. 32.) Und der
Meister hat es nicht für thunlich gehalten, seinen Namen oder sein Zeichen
darauf anzubringen 2).
1) Vergl. darüber meinen Aufsatz im Museum, 1837. N0. 5. (K1. Sohn, I,
S. 455, f.) Heidelolf hat in seiner Ornamentik des Mittelalters einen älte-
ren, dem V_. Stoss zugeschriebenen Riss zum Sebaldusgrabe beigebracht. Dieser
beweist aber für P. Vischefs Abhängigkeit von ihm gar nichts, da das ausge-
führte Sebaldusgrab des letzteren eben ein ganz andres Werk ist.
2) Aehnlich erscheint auch das Verhältniss bei Beschaffung der Bronzetafel,
welche sich im Dom zu Schwerin, an der Rückwand des Altares, befindet und
das Epitaphium der im J. 1524 verstorbenen Herzogin Helene bildet, übrigens
aber nur Wappen und Inschrift nebst architektonischer und dekorativer Umgebung
enthält. Lisch hat dieser! Arbeit im dritten Jahrgang der "Jahrbücher des Ver-
eins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde", Schwerin 1838,
S. 159. erwähnt und durch Beibringung eines Briefes von Peter Vischer vom
J. 1523! ziemlich ausser Zweifel gestellt, dass sie von diesem geliefert wurde.
Aber er selbst bemerkt, dass trotz der Vollkommenheit des Gusses die Model-
lirnng in manchen Theilen minder edel sei als sonst bei P. Vischer's Werken
und dass auch Künstler, die das Werk besichtigt, die strenge Reinheit seines Styles
nicht überall darin wieder gefunden hätten. Dem entspricht zugleich die ganze
Fassung jenes, an den Herzog Heinrich von Mecklenburg gerichteten Briefes, in