Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

Kloster 
Hennebergischeu. 
Vessra, im 
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Zwei Blätter endlich, farbig gedruckt, führen uns Glasmalereien vor; 
das eine eine unerquickliche, zum Theil vertlickte germanische Darstellung 
aus der Kathedrale von Chartres; das andre eine entsetzensvoll barbarische 
byzantinische Madonnentigur aus der Kirche Ste. Trinite zu Vendöme. Es 
hat sich in Frankreich heuer eine gewisse mittelalterliche Archäomanie 
entwickelt, der wir das Vergnügen an diesen Darstellungen, über die wir 
auch geschichtlich gern so schnell wie möglich hinwegeilen, bereitwilligst 
überlassen. 
Im Uebrigen wird es eben Sache des hiemit in flüchtiger Uebersicht 
Charakterisirten neuen Unternehmens sein, sich denselben Beifall zu sichern, 
der dem ersten zu Theil geworden. 
Kloster 
Vessra, 
im 
Hennebergischen. 
August 
Reisenotiz vom 
Kirche romanischen Styles. Pfeiler-Basilika von bedeutenden Ver- 
hältnissen. Hohe viereckige Pfeiler; die Deckgcsimse derselben meist aus 
den Gliedern der umgekehrten attischen Basis oder ähnlich componirten 
Gliedern bestehend, oder aus einer grossen schrägen Schmiege mit ver- 
Setztem Stabwerk; die Basis in gewöhnlicher Weise roh attisch.  Das 
vom Querschiif Oestliche, Absiden u. dergl_., ist abgerissen; die Oeiinungen 
sind zugebaut.  An der Westscite zwei viereckige Thürme, zwischen 
denen eine oifene Vorhalle befindlich. In der Tiefe der letzteren ein rund- 
bogiges Portal, reich mit Säulen und ornamentirten Bögen. Die Vorhalle 
selbst minder tief als breit; die Seitenwände, dem entsprechend, mit spitzen 
Stirnbögen; die Kreuzgewölbe der Halle mit dicken Wulstrippen, an denen 
schon eine leise Neigung zum Birnenproiil ersichtlich wird. Oberwärts am 
Zwischenbau eine rundbogige Wandarkade. An den beiden unteren Ge- 
schossen der Thürme Rundbogenfriese; im dritten Geschoss spitzbogige 
Fensterblenden, in deren Spitzbögen sich eine Art Rundbogenfriese unge- 
Sßhickt hinaufziehen. Der Eindruck des Ganzen in etwas barbarisirt, wie 
mehrfach bei Architekturen der Zeit, die in Gegenden befindlich sind, 
welche von den allgemeinen Culturbewegungen mehr abgetrennt sein mochten. 
Das Kloster, eine königlich preussische Domaine, dient gegenwärtig 
als Hof einer Landwirthschaft, die Kirche als Scheune. Die zum letzteren 
Behuf getroffenen Einrichtungen sind jedoch der Art, dass, wie es scheint, 
dem alten Bau und seinen Einzeltheilen daraus keine Gefahr erwächst. 
Der Eingang der Vorhalle ist halb verbaut.
	        
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