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und Kritiken
Bärichte
änderungen sind roh, die Fenster der Seitenschilfc z. B. von charakterlos
flacher Protilirung.
Die Johanniskirche ist jünger als die vorgenannten Gebäude. Sie
ist ein Bau aus einem Guss, der mittleren gothischen Epoche angehörig,
in guten Verhältnissen aufgeführt, doch ohne ein feineres Gefühl in der
Durchbildung zu verrathen. Sie trägt den allgemeinen Charakter der
Kirchen des Backsteinbaues, ehe dieser seiner Vernüchterung unterlag. Die
Schiffe sind gleich hoch, die Pfeiler mit Gurtträgersäulchen versehen, die
zum Theil einfache Kelchkapitäle haben.
Das Rathhaus, 1405-1410 gebaut, trägt dieser Bauzeit entsprechend
an seinen alten Theilen, den auf den Seiten erhaltenen Thüren und Fen-
stern, den später gothischen Charakter. Es ist aber nicht sowohl hiedurch,
als vielmehr durch den zu Anfange des siebzehnten Jahrhunderts vorgenom-
menen Umbau, der alle Pracht des späteren Renaissancestyles über dies
Gebäude ergoss, für die deutsche Baugeschichte von vorzüglich ausgezeich-
neter Bedeutung. Die volle plastische Wirkung dieser ganzen Renais-
sancedecoration ist es besonders, was auf das Entschiedenste anerkannt
werden muss; dies gilt namentlich auch von dem phantastisch-dekorativen
Element des daran enthaltenen Figürliehen, z. B. von der Nixen- und
"Tritonen-Wirthschaft auf beiden Seiten der Galleriebrüstung, während die
selbständiger allegorischen Sculpturen allerdings weniger genügen.
Eigenthümlichen Eindruck gewährt auch die weite Diele im Obergeschoss
des Inneren, von Giebel zu Giebel reichend und nur auf der einen Lang-
seite durch schmale Gemächer beschränkt. Das Täfelwerk der Decke war
reich bemalt. Den Fenstern gegenüber prangten ein Paar grosse Wand-
gemälde das eine davon, Karl der Grosse und St. Anschar mit dem
Modelle des Domes, ein ganz gutes Werk noch aus der früheren Zeit des
sechzehnten Jahrhunderts, das jedoch später renovirt ist. Der breite Erker,
der nach aussen in der Pracht der Renaissanceformen Vortritt, ist im Inneren
nnterwärts durch einen verschlossenen Raum und darüber durch eine Tri-
büne ausgefüllt; hier und namentlich an der seitwärts zur letzteren empor-
führenden Treppe, ist Alles mit brillantem Schnitzwerk derselben Epoche
versehen.
Im Aeusseren des Bathhauses sind noch die zwischen den Fenstern
desselben befindlichen, von dem alten Bau herrührenden Statuen anzumer-
ken, die in herkömmlich germanischer Weise mit wirkuugsreieher, ob auch
nicht minder handwerklicher Anordnung des Faltenwurfes behandelt sind.
Die mächtige Kolossalstatue des grossen Roland vor dem Rathhause
trägt nur das roh handwerkliche Gepräge des germanischen Styles.