Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

Es folgen nun sehliesslich einige Beispiele von umfassenden symbgli- 
sirenden, gedankenhafteu Compositionen, wie sich dieselben, als Werke 
plastischer Kunst, an einzelnen Kirchen vorfinden. Besonders ausführlich 
schildert und erläutert der Verfasser den Sculpturen-Cyßllls, welcher das 
Portal und die Wände der davor befindlichen Vorhalle am Freiburger 
Münster schmückt; er findet darin eine der sinnreichsten Compositionen der 
Art, die aus dem Mittelalter auf unsre Zeit gekommen sind. Ich muss es 
sehr bedauern, dass ich ihm auch hier wieder nicht folgen kann. Ich er- 
kenne es wohl an, dass das symbolisch einander Gegenübergestellte dahin 
strebt, mit künstlerischen Mitteln Gedanken zu entwickeln; ich sehe aber 
auch, dass es eben nur sehr einfache. sehr allgemeine Gedanken sind und 
dass die Entwickelung nur ziemlich dürftig und von Willkürlichkeiten und 
Unklarheiten ebenfalls durchaus nicht frei ist. Ich will zur Rechtfertigung 
dessen hier die Inhaltsangabe der Darstellungen in aller Kürze hersetzen 
und dem geneigten Leser selbst die Schlussfolgerung überlassen. Es sind 
Statuen am Eingange, an den Seitenwänden der Halle, an den Seiten des 
Portales und an dem Mittelpfeiler desselben, Reliefs im Spitzbogen des 
Portales und in dem von dem Bogen umschlossenen Felde. Die Statuen- 
folge zur Rechten des Eintretenden wird unter dem Begriff der "Weltlich- 
keit" zusammengefasst. Sie sind, am Eingange: die heilige Margaretha 
und Katharina", an der Seitenwand: die sieben freien Künste und diefünf 
thörichten Jungfrauen; am Portal: das Heideuthum (oder die Synagoge), 
die Heimsuchung (Maria und Elisabeth), Maria, und der verkündigende 
Engel. Die Statuenfolge zur Linken soll sich auf die "Verheissung" bezie- 
hen. Sie sind, am Eingange: Wollust, Verläumdung, ein Engel; an der 
Seitenwand: Aaron, Maria Jacobi, Johannes der Täufer, Abraham, Maria 
Magdalena (als fünf Gestalten „des frommen, den Herrn erwartenden Juden- 
thums"), die fünf klugen Jungfrauen und Christus als Bräutigam; am Portal: 
das Christenthum und die drei Magier. Am Mittelpfeiler befindet sich die 
heilige Jungfrau mit dem Kinde. Drüber, auf dem Spitzbogenfelde, in 
verschiedenen Reihen übereinander, Momente aus Christi Lebens-Anfang 
und Ende, Auferstehung der Todten, der gekreuzigte Heiland mit Getreuen 
und Kriegsknechten, das jüngste Gericht. Dann, in vierfachen Reihen im 
Spitzbogen selbst aufsteigend, Chöre von Engeln, Propheten, alttestamen- 
tarischen Königen, Patriarchen; in der Mitte dieser Reihen die Personen 
der Trinität. Die Gegenüberstellung der thörichten und der klugen Jung- 
frauen, des alten und des neuen Bundes (oder Heidenthum und Christen- 
thum) giebt in bekannter Weise den vorbereitenden Ton an in Betreff der 
Verhältnisse der Welt zu denen des christlichen Mysteriurns; entsprechen 
sich aber auch die übrigen Theile der Gegenüberstellung in ähnlich prägnan- 
te,- Weise? repräsentiren die ausgewählten Gestalten, soweit sie überhaupt 
erkennbar sind, den Gedanken und seine Folgen in genügend prägnanter 
und ausschliesslicher Weise? lassen sie nicht, für den Deutungslustigen, 
noch allerlei andre beliebige Deutungen zu? und sind die typisch doch 
vorzugsweise feststehenden Darstellungen des Mysteriums selbst auch im 
Gedankengange entschieden klar und frei von Zufälligkeiten?  Andre 
Beispiele der Art sind "vom Strassburger Münster, vom Dome zu Amiens, 
von dem zu Chartres u. s. w. entnommen; einfach klar, wo dargestellte 
Historien schon an sich eine Gedankenfolge bedingen, werden auch sie un- 
genügend und unklar, wo eine freiere Gedankenfolge beabsichtigt erscheint.
	        
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