Es folgen nun sehliesslich einige Beispiele von umfassenden symbgli-
sirenden, gedankenhafteu Compositionen, wie sich dieselben, als Werke
plastischer Kunst, an einzelnen Kirchen vorfinden. Besonders ausführlich
schildert und erläutert der Verfasser den Sculpturen-Cyßllls, welcher das
Portal und die Wände der davor befindlichen Vorhalle am Freiburger
Münster schmückt; er findet darin eine der sinnreichsten Compositionen der
Art, die aus dem Mittelalter auf unsre Zeit gekommen sind. Ich muss es
sehr bedauern, dass ich ihm auch hier wieder nicht folgen kann. Ich er-
kenne es wohl an, dass das symbolisch einander Gegenübergestellte dahin
strebt, mit künstlerischen Mitteln Gedanken zu entwickeln; ich sehe aber
auch, dass es eben nur sehr einfache. sehr allgemeine Gedanken sind und
dass die Entwickelung nur ziemlich dürftig und von Willkürlichkeiten und
Unklarheiten ebenfalls durchaus nicht frei ist. Ich will zur Rechtfertigung
dessen hier die Inhaltsangabe der Darstellungen in aller Kürze hersetzen
und dem geneigten Leser selbst die Schlussfolgerung überlassen. Es sind
Statuen am Eingange, an den Seitenwänden der Halle, an den Seiten des
Portales und an dem Mittelpfeiler desselben, Reliefs im Spitzbogen des
Portales und in dem von dem Bogen umschlossenen Felde. Die Statuen-
folge zur Rechten des Eintretenden wird unter dem Begriff der "Weltlich-
keit" zusammengefasst. Sie sind, am Eingange: die heilige Margaretha
und Katharina", an der Seitenwand: die sieben freien Künste und diefünf
thörichten Jungfrauen; am Portal: das Heideuthum (oder die Synagoge),
die Heimsuchung (Maria und Elisabeth), Maria, und der verkündigende
Engel. Die Statuenfolge zur Linken soll sich auf die "Verheissung" bezie-
hen. Sie sind, am Eingange: Wollust, Verläumdung, ein Engel; an der
Seitenwand: Aaron, Maria Jacobi, Johannes der Täufer, Abraham, Maria
Magdalena (als fünf Gestalten „des frommen, den Herrn erwartenden Juden-
thums"), die fünf klugen Jungfrauen und Christus als Bräutigam; am Portal:
das Christenthum und die drei Magier. Am Mittelpfeiler befindet sich die
heilige Jungfrau mit dem Kinde. Drüber, auf dem Spitzbogenfelde, in
verschiedenen Reihen übereinander, Momente aus Christi Lebens-Anfang
und Ende, Auferstehung der Todten, der gekreuzigte Heiland mit Getreuen
und Kriegsknechten, das jüngste Gericht. Dann, in vierfachen Reihen im
Spitzbogen selbst aufsteigend, Chöre von Engeln, Propheten, alttestamen-
tarischen Königen, Patriarchen; in der Mitte dieser Reihen die Personen
der Trinität. Die Gegenüberstellung der thörichten und der klugen Jung-
frauen, des alten und des neuen Bundes (oder Heidenthum und Christen-
thum) giebt in bekannter Weise den vorbereitenden Ton an in Betreff der
Verhältnisse der Welt zu denen des christlichen Mysteriurns; entsprechen
sich aber auch die übrigen Theile der Gegenüberstellung in ähnlich prägnan-
te,- Weise? repräsentiren die ausgewählten Gestalten, soweit sie überhaupt
erkennbar sind, den Gedanken und seine Folgen in genügend prägnanter
und ausschliesslicher Weise? lassen sie nicht, für den Deutungslustigen,
noch allerlei andre beliebige Deutungen zu? und sind die typisch doch
vorzugsweise feststehenden Darstellungen des Mysteriums selbst auch im
Gedankengange entschieden klar und frei von Zufälligkeiten? Andre
Beispiele der Art sind "vom Strassburger Münster, vom Dome zu Amiens,
von dem zu Chartres u. s. w. entnommen; einfach klar, wo dargestellte
Historien schon an sich eine Gedankenfolge bedingen, werden auch sie un-
genügend und unklar, wo eine freiere Gedankenfolge beabsichtigt erscheint.