Grabdenkmäler.
Reiseskizzen
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Wäre es ein dankenswerthes Unternehmen, wenn man den Kopf behufs des
Gypsabgusses abformen liesse; zahlreiche Freunde deutscher Kunst und
deutscher Sage würden den Abguss ohne Zweifel sehr willkommen heissen-
Taf. 14 giebt das Grabdenkmal des Herzogs Boleslaus Altns von Schle-
sien, aus der Klosterkirche zu Leubus an der Oder. Die Umschrift be-
zeichnet den Herzog als im Jahre 1201 gestorben; die Arbeit des Denk-
mals ist aber unstreitig etwa hundert Jahre jünger. Die Bilduissgestalt
des Herzogs, in reicher kriegerischer Tracht, das geschmackvolle gothische
Tabernakel, unter dem er steht, und eine Anzahl kleiner Wappenschild-
chen bestehen, jedes Stück für sich, aus gravirten Bronzeplatten, die in die
Platte des Grabsteins eingesenkt sind. Es ist also ganz die Weise der in
England sehr häuügen Dekoration der Grabplatten, die ich in N0. 17 des
deutschen Kunstblattes (1850) besprochen hatte und für die ich damals in
Deutschland ein namhaftes Beispiel nicht anzugeben wusste. Mehrere
Grabsteine enthalten nur die Darstellung von Wappenschilden und deko-
rativen Zierden, die aber zum Theil, wie auf dem Denkmal des-Georg
Grabner aus der Dominikanerkirche zu Rötz, Taf. 8, und besonders auf
dem des Sebald Rothan aus der Münsterkirche zu Kloster Heilsbronn in
Franken, Taf. 24, ungemein geschmackvoll durchgeführt ist.
Das Heft N0. 2. mit 6 Blättern bildlicher Darstellung und 8 Seiten
Text, ebenfalls in Quartformat, bringt zum grösseren Theil landschaftlich
architektonische Skizzen, zumeist zwei auf einem Blatt, auch sie leicht
und sicher mit der Feder auf Stein gezeichnet und gleichfalls mit zwei
Tönen, ganz in der Weise leichter Tuschzeichnungen, über-druckt. Die
Auswahl der Gegenstände gehört wiederum den verschiedensten Gegenden
Deutschlands an; jedes einzelne Bildchen ist durch ein besonderes ge-
sehichtliches oder archäologisches Interesse bedeutend, wie sich z. B. in
der Darstellung des Schlosses Poering am Lechdie. dazu gehörige Wall-
fahrtskapelle mit ihren wundersam gestalteten Fenstern als ein eigen-
thümliches Beispiel des Uebergangsstyles aus dem Romanischen in das
Gothische bemerklich macht, wie die Kirche zu Radoschau bei Gnaden-
feld in Ober-Schlesien, ein aus Lerchenbaumstämmen zusammengeschm-
tener Bau mit pyramidal aufsteigendem Thurme, für das urthümliche Bau-
Wesen unserer nordischen Gegenden bezeichnend sein dürfte, wie das
alte Schloss zu Nieder-Weigsdorf in der Ober-Lausitz ein charakteristi-
sches Beispiel des alterthümlichen Fachwerkbaues giebt, u. s. w. Das
Hauptverdienst dieser kleinen Bilder aber scheint mir darin zu beruhen,
dass das naive Zusammenwachsen der dargestellten Gebäulichkeiten in sich
und mit dem Terrain umher überall glücklich aufgefasst und, ob auch mit
den leichtesten Mitteln, zur charakteristisch malerischen Wirkung gebracht
ist. Es ist hierin dasjenige Element sehr glücklich getroffen, dessen vor
Allem die Dekorationsmalerei unserer Schaubühne, will sie anders auf
künstlerische und culturgeschichtlich bezeichnende Bedeutung Anspruch
machen, bedarf. Das hübsche Unternehmen könnte so, abgesehen von den
Sonstigen Beziehungen, Welche Elch daran knüpfen, ein besonderes Interesse
auch für die werkthätige Kunst gewinnen. Ich glaube also den lebhaften
Wunsch seiner Fortsetzung wiederholt aussprechen zu dürfen. Auf noch
Weiteren Beifall möchte übrigens der Herausgeber rechnen können, wenn
er es sich künftig zugleich angelegen sein liesse, auch dem, bisher nur
etwas vernachlässigten Baumschlag in seinen Skizzen eine etwas mehr cha-
rakteristische Andeutung zu geben. Dann würden die Blätter auch zu