Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

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Burichte und Kritiken. 
mehr vorhanden ist). Die.hier dargestellten rühren, wie fast sämmtliche 
bemerkenswerthe Privatarchitektnren Danzigs, aus dem 17ten Jahrhundert 
her und sind mit reich dekorirten Brüstungen im Geschmacke dieser Zeit 
versehen. Sie gewähren den Eindruck eines ungemein behaglichen Comforts, 
der die Geschäfte des häuslichen Daseins, wozu unser Norden sonst nicht 
allzugeneigt ist, gern auf die Gasse hinausträgt und nachbarlichen Verkehr 
im lebendigen Gange erhält. Wir bedauern im Anblick dieses schönen 
Blattes auch nur, dass der Künstler dies Element nicht vollständig ausge- 
nutzt und seine Darstellung nicht durch eine entsprechende Staiiage belebt 
hat.  Eine Ansicht der St. Marienkirchc, mit den Häusern der Gasse, 
die sich vor dieselbe hinzieht, befriedigt weniger. Alles ist hier auf male- 
rische Haltung berechnet, aber es fehlt hier an den vermittelnden Luft- 
tönen; auch das gothische Giebel- und Zinnenwerk der Kirche, das stoftlich 
das meiste Interesse gewähren wurde, kommt nicht zu seiner rechten 
Wirkung.  In dieser stofflichen Beziehung ist das wichtigste Blatt eine 
innere Ansicht des Artu shofe s, eines der schönsten Säle später gothischer 
Zeit. Von vier mächtigen schlanken Granitpfeilern wird das buntgegliederte, 
steruartig sich verschlingende Fächergewölbe getragen, das diesen Raum 
bedeckt. Die reichste Pracht späterer Zeit erfüllt die Wände; aus den 
grossen mythologischen Bildern treten in den Vordergründen Einzeltheile, 
z. B. Hirschköpfe mit ihren Geweihen, auch ganze Thiere oder Menschen- 
gestalten, mit phantastischer körperlicher Plastik hervor. Fahnen und andrer 
Schmuck fehlen nicht. Schiilsmodelle sind an Ketten aufgehängt, die vom 
Gewölbe niederlaufen. In der Mitte, auf ihrem ursprünglichen Platze. steht 
die kolossale Marmorstatue des Polenkönigs August III. vom J. 1755, die 
man in neuerer Zeit indess in einen Winkel zu rücken für gut befunden 
hat. Alles dies ist auf dem vorliegenden Blatte in vortrefflicher wohlver- 
standener Darstellung wieder gegeben; doch erlangt dasselbe leider auch 
keine volle malerische Wirkung. bleibt vielmehr etwas grau im Ton. Hier 
ist der Uebelstand ohne Zweifel der abweichenden Technik, die der Künstler 
versuchsweise gewählt hat, zuzuschreiben. Dies ist die neuerlich erfundene 
tylographische Badirung, bei welcher in eine präparirte Wachsmasse 
radirt und über letzterer auf galvanoplastische Weise die Formplatte und 
sodann die Abdruckplatte gewonnen wird. Man arbeitet bei diesem Ver- 
fahren eben nicht mit der vollen künstlerischen Freiheit, welche der Nadel 
und der Hand bei der guten alten Radirmanier auf so erquickliche Weise 
zu gute kommt; man muss den verschiedenen Tönungen durch verschie- 
denartigcs Aetzen entsagen, die, allem eigensinnigen Spuck des Aetzwassers 
zum Trotz, doch einen so unbezahlbaren Werth haben; man entbehrt, ab- 
gesehen von der grossen Schwierigkeit einzelner Correcturen, der mannig- 
fach bequemen und charakteristischen Mittel zur Nacharbeit, die bei der 
geätzten Platte nach Belieben durchzuführen ist; und zweifelhaft auch 
möchte die Festigkeit der galvanoplastisch beschatTten Platten sein,  
wenigstens schienen mir die von solchen gefertigten Abdrücke, die mir zu 
Gesichte gekommen, immer etwas Graues zu haben (doch will ich mich 
durch thatsächlichen Beleg sehr gern vom Gegentheil überführen lassen). 
Jedenfalls können wir das wohl als sicher annehmen, dass die freie, solide 
und reiche alte Technik für die Künstler das Beste bleiben wird und dass 
die in neuerer Zeit erfundenen Surrogate etwa zur Unterhaltung der Dilet- 
tanten bestimmt sein mögen.  Doch führen mich diese technischen Be- 
Iuerkungen VOH den schönen Danziger Darstellungen ab. Die Ansicht des
	        
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