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Berichte
und Kritiken.
der mehrfachen Mängel, an denen dasselbe zu leiden hat, ist es doch
bei der überaus grossen Anzahl bildlicher Darstellungen, die es enthält,
zu einer fast unentbehrlichen Grundlage für die bezüglichen Studien ge-
worden; auch im weiteren Fortschritt sieht man sich sehr häufig genöthigt,
auf dies Werk zurückzukehren. Es ist eben so reich an Uebersichten, wie
es in vielen Einzelheiten als die einzige leicht zugängliche Quelle betrach-
tet werden muss: bei einer namhaften Anzahl von Gegenständen ist es in
der That bereits, die einzig brauchbare Quelle für kunsthistorische For-
schungen geworden, indem die Originalwerke (wie z. B. die interessanten
Darstellungen der ehemaligen Bronzethüren von St. Paul bei Rom) seit der
durch d'Agincourt veranstalteten Aufnahme untergegangen sind. Von be-
sonderer Wichtigkeit ist das Werk für einige der interessantesten Forschun-
gen, die gegenwärtig im Gebiet der mittelalterlichen Kunstgeschichte ange-
regt sind, namentlich in Bezug auf die Geschichte der Miniaturmalerci des
Mittelalters, für die in diesem Augenblick (nach dem Vorgange des Baron
Rumohr) durch den Grafen de Bastard, durch Waagen u. A. so Bedeuten-
des geleistet ist und noch geleistet wird. Hier bieten dlAgincourVs zahl-
reiche Nachbildungen von Miniaturen willkommene Anknüpfungspunkte";
und wie sich diese besonders auf die Werke römischer Bibliotheken be-
ziehen, so finden sie wiederum in den neuen Mittheilungen, welche die
"Beschreibung der Stadt Rom" darüber giebt, auf erfreuliche Weise eine
noch weitere, dem heutigen, Stande der Wissenschaft angemessene Wür-
digung.
Unter dem obigen Titel ist kürzlich eine deutsche Ausgabe des d'Agin-
courfschen Werkes erschienen, welche dasselbe ebenso bei uns zum Ge-
meingute macht, wie es von Franzosen und Italienern bereits der ihnen
eigenen kunsthistorischen Literatur zugezählt wird. Die deutsche Ausgabe
hat die Platten der italienischen benutzt. Einzelne von diesen Platten
sind allerdings nicht ganz fehlerfrei. Wenn bereits die französischen Ori-
ginalplatten nicht immer (und namentlich nicht bei den Abbildungen von
kleinem Maassstabe) mit genügender Schärfe auf die Eigenthümlichkeiten
der darzustellenden Gegenstände eingehen, wenn Manches bei ihnen zu
unbestimmt und zu undeutlich wiedergegeben ist, so ist es sehr natürlich,
dass solche Mängel in Nachstichen hier und da noch etwas mehr hervor-
traten. Gleichwohl sind diese Mängel, was den nächsten und vorzüglich-
sten Zweck des Werkes anbetritTt, nicht besonders erheblich; das Werk
soll vorzugsweise zur Uebersicht dienen, es soll die Hauptunterschiede in
den Stufen des Vcrfalles und des Entwickelungsganges der Kunst, die ver-
schiedenen Weisen der Composition u. dgl., in ihren bedeutsamsten Um-
rissen zur Anschauung bringen, und dazu vorerst reichen auch die Nach-
stiche hin. Döch nicht alle Blätter sind Nachstiche. im Gegcntheil
enthalten manche der italienischen Platten wesentliche Berichtigungen und
zeichnen sich vor denen der französischen Originalausgabe vorthcilhaft
aus. So sind z. B. in der letzteren die Darstellungen aus den Frescoge-
Illäldell, welche Dom. Ghirlandajo im Chor von S. Maria Novella zu Flo-
renz gemalt hat (Mal. T. 157.), höchst roh und fehlerhaft gestochen, in
der italienischen Ausgabe dagegen auf eine ebenso charakteristische und
richtige, W16 geschmackvolle Weise wiedergegeben. Sodann ist diese ita-
lienische Ausgabe an Einer Stelle durch hinzugefügte Kupferstiche ver-
mehrt und liefert in diesen eine nicht unwichtige Bereicherung der italie-
nischen Kunstgßßßhichtc. Es. sind die als Nr. XXI, A-C, bezeichneten