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Berichte und
Kritiken.
Möge es also sein, mögen es Alle beherzigen, und mögen sie darum auch
den Kupferstich des Nürnberger Banquetbildes als ein mahnendes Gedächt-
nissblatt betrachten! Freilich, wenn man die Fata Morgana sieht, nach
denen unsre werthen Zeitgenossen ihre Arme ausstrecken, wenn man die
„parva sapientia" beobachtet, mit der sie die Welt regieren möchten, da
kann Einem, fürs Nächste wenigstens, noch nicht ganz zuversichtlich zu
Muthe werden.
Im Eingange zu der Biographie des alten Sandrart habe ich eine besondre
Stelle gefunden, die ich, trotz der wiederum etwas seltsamen Sprechweise
und obgleich sie nicht unmittelbar hieher gehört, den verehrten Lesern die-
ser Blätter doch nicht vorenthalten will. Sie lautet also:
"Wir sagen dissorts allein, dass unser Hoch-Teutschland zwar vor-
längst mit seinem Äürtreftliehen Albrecht Dürer und dessen Nachfolgern
gepanzert, aber nachmals, durch die leidige Kriegsläufte, gleichwie fast
aller anderer, also auch dieser Zierde beraubet worden. Adam Elzheimer,
von Frankfurt bürtig, wollte zwar diese tluchtfartige Göttin bey dem Rock
ergreifen, an- und aufhalten: er ward aber bald durch den Tod hinweg
gerissen, und sahe man also, gleichwie die Uebung, also auch die Liebe
dieser Kunst, bey uns verathemen und verleschen. Die Königin Germania
sahe ihre mit herrlichen Gemälden gezierte Paläste und Kirchen hin und
wieder in der Lohe auftliegen, und ihre Augen wurden von Rauch und
Weinen dermassen verdunkelt, dass ihr keine Begierde oder Kraft übrig
bleiben konnte, nach dieser Kunst zu sehen: von welcher nun schiene,
dass sie in eine lange und ewige Nacht wollte schlaffen gehen. Also ge-
riethe solche in vergessenheit, und die jenige, so hiervon Beruff macheten,
in Armut und Verachtung: daher sie das Pollet (die Pallete) fallen liessen,
und an statt des Pinsels, den Spiss oder Bettelstab ergreitien musten, auch
vornehme Personen sich schämeten, ihre Kinder zu so verachteten Leuten
in die Lehre zu schicken."
Bitten wir den Himmel, oder legen wir selbst Hand au, die parva
sapientia über Bord zu werfen und die rechte und grosse zu suchen, auf
dass wir nicht rückwärts gelangen, z. B. in Zustände, wie die eben ge-
schilderten, aus denen sich herauszuarbeiten dem alten Sandrart sauer
genug ward, sondern dass wir in Wahrheit vorwärts kommen, und die
Kunst mit uns!
Denkmäler bildender Kunst in Lübeck, gez. und herausgeg. von
C. J. Milde, Maler, und begleitet mit erläuterndem historischem Text
von Dr. Ernst Deeck e. 2tes Heft enthält: Glasmalereien und Ziegelfuss-
böden. Lübeck 1847. Auf Kosten des Herausgebers. F01.
(Kunstblatt
1348,
Ußbef das schon vor fünf Jahren erschienene erste Heft dieses schönen
Unternehmens habe ich in N0. 81 des Kunstblattes vom Jahr 1843 berich-
tet. Jenes enthielt Darstellungen äusserst merkwürdiger in Erz gravirter
Grabplatten, theils in verkleinerten Darstellungen, theils Abdrücke einzel-