Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

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Berichte 
Kritiken. 
und 
Bild befand sich bis zum Jahr 1809 im Bathhause; gegenwärtig hängt es 
in der städtischen Gemäldesammlung des Landauerbrüderhauses. Ich kenne 
den Grund nicht, wesshalb das Bild seine monumentale Stelle, auf der es 
natürlich von ganz andrer Bedeutung war als in dem bunten Gemenge einer 
Gallerie, hat aufgeben müssen; beklagenswerth aber bleibt der Mangel an 
höherem Selbstbewusstsein, an dem Gefühl für die eigne historische Würde 
allerdings, der die Communen so oft schon zur Beseitigung derartiger künst- 
lerischer Stiftungen veranlasst hat. Das Nürnberger Rathhaus weiss hievon 
noch andre, noch bedenklichere Dinge zu erzählen. Schon im Jahr 1627 
sahen die ehrenwerthen Vertreter der Stadt sich ermüssigt. das mahnuugs- 
volle Denkmal der Reformationszeit, das Albrecht Dürer auf das Rathhaus 
gestiftet hatte  seine berühmten Bilder der vier 'l'emperamente  an 
den katholischen Kurfürsten Maximilian von Bayern für dessen Kunst- 
sammltlllgen abzulassen. Sie wussten damals ganz wohl, was sie thaten, 
da sie es doch für nöthig fanden, die protestantischen Unterschriften der 
Bilder abzuschneiden. 
Das Sandrarvsche Banquetbild ist sehr naiv componirt. Man sieht den 
langen Bathhaussaal hinab. Linker Hand. die grössere Hälfte des Bildes 
einnehmend, erstreckt sich die Festtafel den Saal entlang, an der die edlen 
Besorger des Friedenswerkes sitzen, vorn die Häupter der beiden Parteien, 
Carl Gustav, der schwedische Generalissimus, und Octavio Piccolomini, der 
uns Allen aus Schillers Wallenstein wohl bekannt ist und dessen Züge 
auch dem Schilleüschen Charakterbilde so ziemlich entsprechen; Bei dem 
etwas hochgenommenen Standpunkte überblickt man die ganze Tafel und 
sieht der grösseren Mehrzahl sämmtlicher Herren ins Gesicht. Auf der Tafel 
belinden sich kostbare Schmuckaufsätze, deren einer eine brillante Ehren- 
pforte, ein andrer, wie es scheint, den Berg Parnassus vorstellt; ausserdem eine 
Menge seltnen Getlügels, das in seinem gesammten Federputz behaglich in 
den Schüsseln daliegt. Vor Octavio Picoolomini steht ein Teller mit Austern, 
die von zierlichen Blumenbüschelchen beschattet werden. Jenseit der Tafel 
steht allerlei Dienerschaft und eine Menge zuschauenden Personals. Dies- 
seit der Tafel, auf der kleineren Hälfte des Bildes, präsentirt sich zunächst 
in ganzer Figur der reich gallonirte Tafelmeister, in voller Würde seines 
Berufes zweien Knaben vorschreitend, welche zwei neue Tafelaufsätze, 
Backwerk, über dem hohe Fichtenbäirmchen emporsprossen, tragen. Dem 
Tafelmeister zur Seite steht der hochedle Magistrat, der sich übrigens um 
die Herren an der Tafel wenig zu kümmern scheint, und vor den Magi- 
stratspersonen sitzt Joachim v. Sandrart, festlich geschmückt, mit Degen 
und Sporen; er ist so eben im Begriff, den ganzen Vorgang auf eine Tafel 
aufzuzeichnen, und fordert den Beschauer, zu dem er sich hinauswendet, zur 
Bewunderung des Werkes auf. Sandrart ist die Hauptperäen des Bildes; 
wir können es Octavio Piccolomini, der ohne Zweifel ein grösseres Recht 
dazu zu haben meint, nicht wohl verargen, dass er einigermaassen verwun- 
dert zu dem Maler hinüberschaut. Die dreieckige Lücke, die sich bei der 
Dlspnßilien des Bildes zwischen dessen g-rösserer und kleinerer Hälfte bil- 
det, wird durch einen grossen Hund ausgefüllt, der einen Knochen in den 
Zähnen trägt Hinter dem Magistrat erhebt sich eine Tribüne mit singen- 
den Knaben, denen einddicker Cantor phlegmatisclt den Takt schlägt; 
gegenüber eine Tribüne mit sentimentalen Lautenisten; im Grunde des 
Saales zwei Tribünen mit Posaunisten. Sämmtliche Musiker sind in der 
Ausführung ihres Berufes begriffen; ob und wie das von den verschiedenen
	        
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