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Berichte und Kritiken.
Der phantastischen Pracht der Barock-Architektur, die sie umgiebt (die
Arbeiten rühren aus der Zeit um den Anfang des 17ten Jahrhunderts her)
entspricht das Imposante in Körperlichkeit und Darstellung der Figuren.
in denen sich hier aber vielleicht weil für diese Personen ältere Vor-
bilder benutzt wurden von den zu jener Zeit beliebten manieristischen
Motiven nichts geltend macht.
Die Liebfrauenkirche zu Halberstadt, deren Geschichte, Architek-
tur, Kunstwerke und Denkmale, beschrieben als Andenken an die Restau-
ration iind die feierliche Einweihung derselben am Pfiugstfeste 1848 von
Dr. Fr. Lucanus. Halbersiadt etc. (22 S. in 4. und 2 Abbildungen.)
1848,
(Kunstblatt
Unter vorstehendem Titel ist eine kleine Gelegenheitsschrift erschie-
nen, die über ein merkwürdiges mittelalterliches Bauwerk und den Inhalt
desselben übersichtliche Auskunft gewährt. Die Liebfrauenkirche ist eine
romanische Pfeilerbasilika, die, ursprünglich flach gedeckt, in späterer Zeit,
ebenfalls noch in der Periode des romanischen Styles, mit Gewölben ver-
sehen wurde. Der Verfasser giebt die näheren Mittheilungen über die
Baugeschichte der Kirche. Dieselbe war in neuerer Zeit sehr in Verfall
gerathen und ist gegenwärtig, auf Befehl des Königs und auf Grund der
von dem Baurath v. Quast abgegebenen Gutachten, gründlich erneut wor-
den, wobei es sich im Einzelnen um eigenthümlich interessante Ausfüh-
rungen handelte. Chor und QuerschiH behielten die Gewölbe, im Schiff
mussten sie dagegen entfernt werden. Hier wurde statt ihrer eine flache
Bretterdecke (wie ursprünglich) angeordnet. Dabei wurden die alten, be-
deutend aus dem Loth gewichenen Mauern der Seitenschitfe, nach der
Angabe des Regierungs- und Bauraths Rosenthal zu Magdeburg, gerade
gerichtet. Der eine der beiden östlichen Thürme, welche in den Ecken
von Querschiifen und Seitenschiflen über den Pfeilern und Gewölben der
letzteren errichtet sind, ist sehr baufalligen Zustandes halber abgebrochen
und in der alten Form vollständig neugebaut. Vorzüglichst merkwürdig
sind die grossen Reliefs, etwa lebensgrosse Figuren Christi, der Maria
und der zwölf Apostel, in architektonischen Nischen sitzend, die sich an
den Brüstungswänden des Ohores, nach den Armen des Querschitfes hin,
befinden. Sie gehören durchaus zu den interessantesten deutschen Sculp-
turen des l2ten Jahrhunderts und sind ebenso durch die allgemeine Würde
des Styls, wie durch die Feinheit und den Geschmack der Ausführung
ausgezeichnet. Der Verfasser hat die gediegene lithographische Abbildung
einer von diesen Reliefiiguren, der Maria mit dem Kinde, seiner Schrift
bßigegebelVl- Dann haben die alten Wandmalereien, die neuerlich in
der Lißbfrauenkirche unter der Tünche entdeckt worden sind, namentlich
schon früher in der
N0. 13) mitgatheilt.
l) Die Abbildung einer andern der Figuren hatte ich
Zeitschrift „Museum, Bläcter für bildende Kunst" (1833,
(Vergl. Thl. I. der Kl. Sohn, S. 138.)