Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

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Berichte 
und 
Kritiken 
Was die aus liliorillo eingeschobenen Stücke anbetrifft, so hat der 
Uebersetzer hier und da ganz wohlgelhhh, durch sie seinen Landsleuten 
einige Notizen über die äusseren Verhältnisse der Künstler zu geben, in 
denen ich absichtlich sehr kurz war. da ich keine Geschichte der Maler, 
sondern eine Geschichte der Malerei schreiben wollte, und die erstere uns 
bereits aus hundert Büchern bekannt ist. Einhbehagliches Gefühl hat es 
mir freilich nicht erweckt, das sogenannte hauslicbe Unglück des guten 
Dürer, das schon so breit getreten ist, das mit seiner Kunst gar nichts zu 
5111m hat und das die Ehre seiner Mannlichkeit am Ende nur in ein IZWBI- 
felhaftes Licht stellt, auch hier in aller Breite wiederzufinden. Schlimmer 
aber ist es, dass der Uebersetzer bei diesen eingeschobenen Stellen oft mit 
sehr geringer Ueberlegung verfahrt, .dass er keineswegs wahrnimmt, dass 
die in ihnen enthaltenen Urtheile mit den nieinigen oft in directem Wider- 
spruch stehen, dass er demnach  sofern er das Ganze als sein Werk 
darstellt  auch mit sich selbst in Widerspruch geräth. So habe ich mich 
z. B. bemüht, die ideale Richtung der deutschen Kunst im vierzehnten 
Jahrhundert und im Anfange des folgenden in ihrer eigenthümlichen Be- 
dentung zu entwickeln, während man früher voraussetzte, dass mit dem 
Be ritfe des Deutschen in der Malerei und Sculptur jenes steifleinene We- 
serig, das am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts seinen Triumph feiert, 
unzertrennlich verbunden sei. Gleichwohl schiebt der Ucbersetzer bei Ge- 
legenheit der Prager Schule des vierzehnten Jahrhunderts (die eben ein 
Glied der deutschen Kunst jener Zeit ausmacht) grosse Stellen aus Fiorillo 
ein, welche die Vorzüge und die Mängel der "böhmischen" Schule im Ge- 
gensatz gegen die ndeutscbe" Slchnlehwoginteli; die Künsälcr Jeneri srääterii, 
tifleinenen und mehr natura istisc en ipoc e vers an en wer en en  
iväckeln sollen; und doch kümmert es ihn gar nicht, dass diese breiten 
Bemerkungen durch das, was ich vorher und nachher über die ältere deutsche 
Kunst gesagt habe, vollkommen negirt werden. Dann beschreibt er, bei 
Gelegenheit der Nachfolger der altkölnischen Schule, den Gemäldecyklus 
der bekannten Lyversberg'schen Passion, wie er diese Beschreibung bei 
Fiorillo vorgefunden; später, bei Gelegenheit der kölnischen Meister, die 
unter Einfluss der Niederländer arbeiten, führt er denselben Cyklus zum 
zweiten Mal, mit den Worten meines Handbuches, als ein ganz neues Werk 
ein; auch übersetzt er hiebei zuerst richtig, dass man diese WVei-ke ohne 
zureichenden Grund mit dem Namen des Israel von Meckenen benannt 
habe, fügt aber wenige Zeilen darauf, durch den leichtsinnigsten Ueber- 
setzungsfehler veranlasst, hinzu: „man konämebgegenwärtig darin überein, 
diese Werke dem genannten Meister zuzusc rei en" u. s. w. 
Die eigenen Mittheilungcn des Uebersetzers dlillrftcn dagegen sehr wohl 
geeignet sein, unser Interesse in Anspruch zu ne men. Sie geben Bericht 
über eine bedeutende Anzahl von Gemälden, die sich in der Bibliothek 
von Colmar befinden und über die, so viel mir bekannt, von deutschen 
Knnstforschern noch kein genügender Bericht vorliegt. Es sind Bilder, die 
theils dem Martin Schön, theils Dürer zugeschrieben werden. Als Werke 
des Martin Schön nennt der Verfasser 17 Tafeln mit Scenen der Leidens- 
geschichte Christi; von Dürer seien 13 Tafeln, zum Theil sieben bis acht 
Fuss hßßh, Vorhanden, Madonnenbiltlßr, Scenen der Verkündigung, der Ge- 
burt Cliristi, der Kreuzigung, Auferstehung. ein heil. Sebastian und mehrere 
auf den h. Antonius bezügliche Darstellungen. Der Verfasser schildert die 
Composition dieser Gemälde und versucht es nach seiner Weise, ihre cha-
	        
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