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Berichte und Kritiken.
Mittelalter für Architektur, Kunst und Geschichte, zugleich ein Supplement-
heft zu K. Heidelotfs Ornamentik des Mittelalters bildend. Mit 5 Kupfer-
tafeln. Nürnberg, 1845. Quer F01.
Die Veste Koburg gehört bekanntlich zu den reichsten und bedeu-
tendsten Burganlagen, die sich aus mittelalterlicher Zeit erhalten haben.
Nachdem dieselbe in den letzten Jahrhunderten in Verfall gerathen war,
ist sie in neuerer Zeit unter Heideloffs Oberleitung und nach seinen
Angaben restaurirt und in ihrer alten romantischen Pracht vollständig er-
neut worden. Es ist die Absicht, die Dekoration der sämmtlichen interes-
santen Gemächer der Burg in einer Reihenfolge von bildlichen Darstellun-
gen und als Snpplemente zu HeideloiTs mit so vielfachem Beifall aufge-
nommener Ornamentik, der sie wegen des erforderlichen grösseren Formats
nicht unmittelbar einverleibt werden konnten, herauszugeben. Das genannte
I-Ieft bildet den Anfang dieser Herausgabe. Es enthält die Dekoration
desjenigen Zimmers, welches Luther bei seinem halbjährigen Aufenthalte
auf der Burg im Jahr 1530 bewohnte, in welchem er verschiedene Lieder
und andre literarische Arbeiten geschrieben hat, und welches gegenwärtig
als bleibendes Denkmal dieser merkwürdigen Tage ausgestattet ist. Zu
diesem Behuf sind hier die Bildnisse in ganzer Figur von Luther, seiner
Frau und einer Anzahl derjenigen Männer, die mit ihm an dem grossen
Werke der Reformation thätig waren, in das Leistenwerk der Wände ein-
gelassen; gothisches Ornament, Inschriften und YVappen bilden die übrigen
Füllungen. Thüren und Bänke sind in demselben reichen Style gehalten;
ein Ofen in brillanten Renaissanceformen reiht sich ihnen an. Das vorlie-
gende Heft enthält eine ausgeführte perspektivische Ansieht des Innern des
Zimmers und Aufrisse der vier Wände mit detaillirter Angabe der daran
befindlichen Ornamentik. Ein einleitender und erklärender Text geht den
Kupfertafeln voran. Es genügt die Bemerkung, dass das Heft dasselbe
Interesse, wie die entsprechenden Tafeln der Heidelofilschen Ornamentik,
hervorrufen wird.
3) Der Hoehaltar von Blaubeuren. C. Heideloff et M. Heide-
loff ad nat. del. Fried. Wagner et Ph. Walther sculps. Sr. k. Hoh.
dem duruhlauchtigsten Kronprinzen Karl Friedrich Alexander von Württem-
berg etc. in tiefster Ehrfurcht gewidmet von dem Verleger Konrad Geiger,
Besitzer der J. A. Stcin'schen Kunst- und Buchhandlung in Nürnberg.
Dies in halber Ausführung sehr sorgfältig gestochene grosse Blatt, im
eigentlichen Stich (ohne Unterschrift u. dergl.) 25 Zoll hoch und 171], Zoll
breit, enthält eine vollständige Abbildung des obengenannten, für die Ge-
schichte der deutschen Kunst so eigenthümlich werthvollen Altarwerkes.
Der grosse Schrein ist mit geöffneten Flügelthüren dargestellt, so dass man
die kolossalen Statuen, von denen er ausgefüllt wird, und "auf den Flügeln
die darauf enthaltenen Malereien sieht; oberwärts das freie, bunte Taber-
Ilflkßlwefk mit seinen kleineren Statuen und Halbfiguren, unterwärts die
glßichfanß mit Halbfiguren ausgefüllte Predella, die auf dem Altartische
steht, Welcher das Ganze trägt. An den Stufen des Altares sind ausser-
dem einige Gestalten im eleganten mittelalterlichen (Jostüm dargestellt, die,
wie sie zur Belebung des Bildes dienen, so namentlich auch dem Auge
einen Maassstab für das imposante Werk geben. Die stylistischen Beson-