Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

Zur 
der 
Geschichte 
Kunst 
Deutschland. 
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kirche zu Nürnberg und die Faeade der Kapelle zu Heilsbronn interessantes 
Material geliefert; ein romanisches Kapital von besonders ausgezeichneter 
Schönheit ist der Wartburg entnommen. Für die spätgothische Zeit erhal- 
ten wir zunächst ebenfalls dekorativ architektonische Theile, namentlich 
mehrere Thüren, die theils durch die Formation ihrer Einfassungen, theils 
durch die dabei verwandte Schmiede- und Schlosserarbeit ausgezeichnet 
sind. Eine dieser Thüren befand sich früher auf dem Schlosse Hohen- 
Tübingen, wo sie von dem Herausgeber im Jahr 1808 in traurigem Zu- 
stande auf dem Dachboden entdeckt und gezeichnet wurde. Sie war mit 
kostbaren Zeugstoiien und über diesen mit Ornamenten aus vergoldetem 
Eisenblech bekleidet, die reichgeschnitzte Einfassung gemalt. Die hier 
gegebene Abbildung dieser Thiir ist sorgfältig kolorirt, so dass wir in die- 
sein Blatt ein kleines Prachtexemplar spätmittelalterlicher Dekorationsweise 
besitzen. Dann folgt eine beträchtliche Anzahl architektonischer Füllun- 
gen, Brüstungen u. dergL, in denen sich die ungemeine Beweglichkeit des 
gothischen Styles versinnlicht; zum Theil sind diese Stücke schon mit den 
Formen des Renaissancestyles vermischt. Von dem Entwurf des Holz- 
Schnitzers Veit Stoss zu dem Nürnberger Sebaldusgrabe, von dem der 
erste Band das erste Blatt gebracht hatte, werden hier fünf weitere Blätter 
gegeben, durch deren Zusammenstellung sich uns die ganze merkwürdige 
Cornposition aufbaut, nach Weise jener leichten Tabernakel-Architekturen 
(doch in einer gewissen Dünnheit des architektonischen Ensembles), die 
bis zu den Wölbungen der Kirchen emporzusteigen pflegen. Wenn Peter 
Vischer bei seiner Ausführung des Monuments all dies obere Tabernakel- 
werk wegliess und statt dessen den Sarkophag des Heiligen in einfacherer 
Weise überwölbte, so scheint er hiemit doch das Richtigere getroffen zu 
haben, mag man auch gegen die von ihm gewählten Architekturformen 
ebenfalls Mancherlei zu erinnern finden. Immer aber bleibt der Stossische 
Entwurf eigenthümlich interessant.  Dann sind besonders noch einige 
prächtige Goldschmiedearbeiten, namentlich auch eine kleine Sammlung 
von Ordensketten (und unter diesen die Insignien des Schwanenordens) zu 
erwähnen. 
Der iigürlich bildenden Kunst gehören einige schöne Grabsteine an. 
auf denen Personen des 12ten Jahrhunderts dargestellt sind und die zu 
Reinhardsbrunn in Thüringen aufbewahrt werden. Es sind die vier Steine 
Ludwigs des Springers und seiner Gemahlin, und Ludwigs des Eisernen 
und seiner Gemahlin. Sie sind, der ganzen künstlerisch-stylistischen Be- 
Siihaifenheit nach, nicht unmittelbar nach dem Tode der betreffenden Per- 
sonen, sondern beträchtlich später, erst im 14ten Jahrhundert gearbeitet, 
indem sie der eigenthümlichen und geschmackvollen Behandlungsweise, die 
in dieser Zeit anderweitig an sicher datirtcn Monumenten gefunden wird, 
sehr bestimmt entsprechen. Nur der letztgenannte Stein, der noch später 
und zugleich minder schön ist, macht hievon eine Ausnahme. Der Heraus: 
geber hält sie zum Theil für älter, WHS aber wenigstens mit meinen kllllst? 
historischen Erfahrungen nicht stimmt.  Vorzüglich schön ist endlich 
noch die Darstellung eines, dem Schlusse des Mittelalters angehörigen, 
jetzt leider zerstörten Grabmorlumentcs, welches sich zu Esslingdn befand, 
eine ritterliche Familie unter dem Schutze der Himmelskönigin.  Die 
Mittheilung zerstörter Denkmäler, wie des ebengenannten und wie jener 
prächtigen Thür vom Schloss Hohen-Tübingen, haben wir mit besonderm 
Dank anzuerkennen.
	        
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