524
Reisenotizen
vom Jahr 1845.
sicheren oder angeblichen Jugendbilder erlaubte ich mir bei dem mehr-
fach besprochenen, al fresco auf einen Ziegel gemalten jugendlichen Kopfe
(II, No. 538), den der Katalog als ein Brustbild des Apostels Johannes
bezeichnet, die Bemerkung, dass derselbe füglich aus der Kunstgeschichte
zu löschen sei. Es ist eben ein durchaus schwacher Versuch; auch scheint
der Kopfcontur sehr gelitten zu haben. Von den andern, noch peru-
ginesken Bildern sind ächt die beiden Predellenstücke: eine Taufe Christi (II,
No. 571) und der auferstandene Erlöser (II, No. 583), von denen besonders
dies letztere in anziehender Jugendlichkeit erscheint Drei ebenfalls klei-
nere Bilder, deren Authenticität der Katalog nicht bezweifelt (II, No. 576,
577, 578) habe ich mir einfach mit zwei bis drei Fragezeichen zu beglei-
ten erlaubt.
Den Namen des Leonardo da Vinei führt im Katalog (I, N0. 550)
u. A. eine h. Cäcilia, die nichts ist, als eine schlecht leonardeske Johanna
von Arragonien, nach Raphaels Bilde, die aber aufs Neue die verbreitete
Liebhaberei der Zeitgenossen für das letztere bestätigt.
Von Correggio das grosse Bild der Madonna mit dem h. Jacobus
und Hieronymus und dem Donator (I, No. 582), ein Werk grossen Ernstes
und von verhältnissmässiger Strenge, so dass es noch als der früheren Zeit
des Meisters angehörig betrachtet werden muss (denn ich halte dasselbe in
der That, trotz dagegen erhobener Bedenken, für ein authentisches Werk
seiner Hand). Die Madonna in überaus reiner Anmuth, wie das Schönste
aus den Darstellungsweisen Correggids und Raphaels zusammengenommen.
Leider hängt das Bild übermässig hoch.
Die Kölnische Schule des 14ten Jahrhunderts, so frei sie von
allen überkommenen Byzantiuismen ist, bezeichnet der Katalog der Pina-
kothek standhaft noch immer als "byzantinisch-niederrl1einische Schule"
und den Dombildmeister, den wir jetzt Stephan nennen, mit dem Namen
des unbedenklich älteren Meister Wilhelm. Der anderweit üblichen An-
nahme gemäss bin auch ich geneigt, das bekannte schöne Bild der h. Ve-
ronika mit dem Schweisstuche, auf welchem der Kopf des Erlösers (II,
No. 13), den Arbeiten des eigentlichen Meister Wilhelm zuzuzählcn.
Dagegen bezweifle ich, dass hier Etwas von dem Meister Stephan vor-
handen. Zu den Tafeln des grossen, ehemals in Heisterbach befindlichen
Altarwerkes, welches anderweit als eine Jugendarbeit Stephans bezeichnet
ist, gehören ohne Zweifel, als innere Bilder, dic vier Gemälde der Ver-
kündigung, der Heimsuchung, der Geburt Christi und der Anbetung der
Könige (II, N0. 3, 6, 7, S); sie lassen allerdings (wie die entsprechenden,
im Kölner Museum befindlichen Gemälde einen vortrefflichen Nachfolger
Wilhelms erkennen. Als Aussenbilder gehören zu demselben Altarwerke
die grossen Tafeln mit je drei Aposteln und einerseits mit dem h. Bene-
dict, andrerseits mit dem h. Bernhard, deren Figuren einzeln unter ver-
goldeten Tabcrnakeln stehen (II, No. 1 und 2). Schön in der Gewandung,
haben sie doch etwas Flaues in den Köpfen und entschieden schwere,
Selbst unschöne Formen, besonders in der Bildung der Nasen, Mängel, die
den, m jenen Kölner Bildern bemerkten Missständen durchaus zur Seite
Stßhen- Die zumeist dem Stephan (und zwar seiner spätesten Zeit)
zugeschriebenen Bilder mit je drei Heiligen: Antonius der Einsiedler, Papst
Cornelrus und Magdalena, Katharina, Hubertus und Quirinus (ll, No. 10
oben,
293.