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Itnlsenotizen
vom Jahr
1845.
Ein Paar Altäre mit Gemälden von Schülern Hans Baldung's.
Höchst interessant ein Altar von H. Holbcin d. j. Zwei Flügelbil-
der, jedes oben viertelrund abschliessend, zu einem Mittelbilde zusam-
mengestellt und mit andern, nicht dazu gehörigen Flügeln versehen. Links
die Geburt Christi, rechts die Anbetung der Könige; unten die Donatoren-
familie. Beide Bilder mit reichen Architekturen. Auf dem ersteren geht
das Licht von dem Kinde aus; ein Hirt und viele Engelchen beleben die
Scene. Auch hier liegt die naturalistische Richtung zu Grunde; im Ein-
zelnen, z. B. im Kopfe des Hirten, tritt sie derb hervor; aber sie ist zu-
gleich sehr glücklich gesteigert und in einigen Engelsköpfchen und dem
von unten beleuchteten Gesicht der Maria auf dem ersten Bilde zur an-
muthigsten Schönheit entfaltet. In den zarteren Gestalten zeigt sich der
feinste, auf das Liebenswürdigste durchgebildete Formensinn; die Hände
besonders sind ungemein schön. Die Malerei ist voll und schon pastos,
obgleich das Einzelne immer noch so zart wie entschieden bezeichnet.
Durchgehend erscheinen schlicht bräunliche Schattentöne. Die Arbeit dürfte
nach der mailändisch italienisirenden Epoche fallen, die glücklichste Durch-
gangsepoche des Meisters bezeichnen und vielleicht das gediegenste Werk
der Art ausmachen. Es ist völlig intact und in leidlichem Zustande.
Gemäldesammlung des Domhcrrn von Hirscher i). Eine
Anzahl vonGemälden, dem jüngeren H. Holbcin zugeschrieben, was mir
nicht sonderlich begründet schien. Zunächst und insbesondere zwei Ge-
mälde, deren jedes, vermittelst einer in Rococo-Manier dazwischen ge-
malten Säule, aus zwei länglich hohen Bildern zusammengesetzt ist: Scenen
aus der Geschichte der Maria und im Hintergründe bei jeder eine alt-
testamentarische Seene, die zur Hauptdarstellung in symbolischem Bezuge
steht. Die Bilder sind allerdings künstlerisch bedeutend und sehr merk-
würdig in der Behandlung; es ist einerseits viel tlandrisches Element darin,
sowohl in der Farbe, als besonders in der Darstellungsweise, da, wo Suiten
männlicher Köpfe (wie auf den Flügelbilderu des Genter Altarwerkes, im
Museum von Berliu,) zusammengestellt sind; einzelne Figuren sind auch
ganz in tlandrischer Art gemalt; andrerseits aber zeigt sich, in der Ge-
wandung, in den Köpfen, der Kopfbildung, dem Kopfputz der Frauen,
entschieden der Charakter der oberdeutschen Schule, in der Art und Zeit
des Hans Baldung. Eine Suite andrer, dem Holbcin zugeschriebener
Gemälde, mit der Darstellung einzelner Heiligenligureu, verbindet mit dem
ilaudrischen Wesen, das sich in der Farbe der Gewänder, in der Gestal-
tung u. s. w. ausspricht, ein gewisses niederrheinisches Element, manchen
Leistungen der Kölner Schule zu Ende des löten Jahrhunderts analog und
z. B. an den sogenannten Israel von Meckeuen erinnernd, obgleich nicht
gerade in dessen Weise. Das körperliche Gefühl in diesen Figuren ist
nicht sonderlich fein, die Hände z. B. sind" nicht schön und ohne eine
Ahnung der edelu Handbildungen in den ebenbesprochenen beiden Mün-
sterbilderu von H. Holbcin; doch haben die Gestalten eine gewisse ideale
Grösse und einen lebhaft gemüthlichen Ausdruck.
Von Barth. Zeithloom ist hier ein Kopf der h. Anna, Fragment
eines grösseren Bildes, von sehr schöner Form, reizend warmer Färbung
und llllllg geistigem Ausdrucke, charakteristisch auch durch das, diesem
Künstler eigenthümliehe Auseinaudergehen der Augen. Ebenfalls von ihm
grösstnn
ZUlIl
Nachmals
Theil
das
Berliner Museum übergegangen.