Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

Paris. 
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Christi in der Gallerie des Vatikans, an deren Ausführung Raphael Theil 
haben soll. 
Fr, Bianchi Ferrari,  thronende Madonna mit Heiligen (No. 880),  
ein sehr interessanter lombardisch peruginesker Meister von edler Haltung. 
Die drei, als unzweifelhaft authentisch anerkannten Bilder von 
Leonardo da Vinci:  das Brustbild des jugendlißllen Täufer?! Johan- 
nes (No. 1084), unangenehm süss und sentimental im Ausdruck und 
starken Helldunkel, woran zwar Nachdunkelung und Uebermalung mit 
Schuld sein mögen; der erhobene Arm sehr steif;  das Brustbild der 
Monna Lisa (No. 1092), ebenfalls sentimental und nicht sonderlich ange- 
nehm; doch zart modellirt und die Hände überaus reizend, den Händen 
auf dem Bilde der Margherita Coleonea im Berliner Museum ähnlich, doch 
noch weicher und schöner;  das Brustbild des früher sogenannten „Belle 
ferroniere" (N0. 1091). Dies sehr iutacte Gemälde ist vor allen für den 
grossen Meister charakteristisch bezeichnend. Es hat noch etwas von alter- 
thümlißher Strenge, doch schon mit sehr zarter Modellirung verbunden. 
Auch ist hier im Helldunkel durchaus nichts Gesuchtes. Der Kopf ist viel 
individueller und weniger sentimental als auf den Nachbildungen. 
Ausserdem dem Leonardo zugeschrieben:  Maria mit dem Kinde, 
auf dem Schoosse der Anna (No. 108.5), nach seinem bekannten Carton, 
theilweise sehr verwaschen;  die reizende Composition der "Vierge aux 
Rochers" (N0. 1086), in der Ausführung für Leonardo fast zu streng und 
hart, übrigens auch nicht frei von manieristischen Anklängen;  die h. Fa- 
milie mit dem Erzengel Michael (No. 1087), schwächlich in Composition 
und geistiger Auffassung;  ein sitzender Bacchns (No. 1089), sehr inter- 
essant und geistvoll, vielleicht ein Johannes Baptista, dem Blätter und 
Trauben später zugefügt sind;  angebliches Portrait König Karls VIll. 
von Frankreich (No. 1090), ein ungemein schönes Bildniss, der Behand- 
Jungsweise des Francia ähnlich. 
Von Nachfolgern Leonardos:  Maria mit dem Kinde, mit Heiligen 
und Donatoren, von Beltraffio (N0. 879); noch etwas alterthümlich und 
die Maria mit dem Kinde befangen; aber die Heiligen wie die Donatgfen 
vortrefflich und besonders der Kopf des h. Sebastian von hoher Schön- 
heit.  Tochter der Herodias von Andr. Solario (No. 1227), ein reizend 
leonardesker Kopf, in so bedeutsamer Nachfolge der Richtung des Meisters, 
dass das Bild ungleich mehr etwa wie eine Arbeit des B. Luini gemahnt; 
dagegen eine das Kind säugende Madonna, ebenfalls von Solario, (No. 1228) 
Sehr deutlich an die Art und Weise seines eigentlichen Lehrers, des Gau- 
denzio Ferrari, erinnert. 
Von Raphael zunächst die zwei zierlichen Bildchen aus seiner jungen 
Zeit: Der Erzengel Michael, den Drachen besiegend (No. 1189), mit in- 
teressantem perugineskem Naehklange;  und der mit dem Drachen käm- 
pfende St. Georg (No. 1190), ein Bild, das sehr gelitten zu haben und 
übermalt zu sein scheint, wodurch es ein etwas späteres Ansehen gewinnt, 
als es jedenfalls ursprünglich hatte-  Dann die berühmte "Belle jardi- 
niere" (No. 1185), der Madonna Colonna im Berliner Museum zunächst 
stehend und mit denselben Manieren der Gesichter, doch lange nicht so 
zart im Ton und pastoser gemalt. Ueberdies hat das Bild sehr gelitten 
und ist stark übermalt; das blaue Gewand ist fast ganz verdorben. Da- 
gegen ist die h. Margaretha auf dem Drachen (No. 1406), die schon für 
Kngler, Kleine Schriften H. 33
	        
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