Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

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Reisenotizeu 
vom Jahr 
1845. 
dem Charakter der malerischen Handhabung ungemein viel verloren gegangen 
ist. Gewiss ist dabei auch die alterthümliche Strenge und Schärfe, die 
sich auf den Dachbildern (Apotheose der Heiligen und ihrer Gefährten) 
noch erhalten hat, eingebüsst. Einen Begriff von der Detail-Ausbildung, 
welche diese kleinen Werke bestimmt gehabt haben, erhält man durch die 
wundervolle intacte Miniaturmalerei jenes Dyptychons vom J. 1499, wel- 
ches sich, aus der v. Ertborn'schen Sammlung stammend, im Antwerpener 
Museum befindet. 
An dem grossen Altarwerk der Vermählung der h. Katharina, mit dem 
Martyrium des Täufers Johannes und der apokalyptischen Vision auf den 
Flügeln, von 1479, ist im Ganzen der tiefe malerische Ton des Bildes merk- 
würdig; ebenso eine gewisse grössere Freiheit überall in dem Gebahren 
der Figuren, als solche bei dem J. van Eyck gefunden wird, wennschon 
sich dies noch immer nicht zu völliger Naturfreiheit entwickelt. Es ist 
in jenem malerischen Tone,  abgesehen freilich davon, dass es zur Luftper- 
spective noch nicht kommt,  selbst etwas, das lebhaft an die Richtung 
der italienischen Kunst erinnert. Im Ausdruck ist das Bild, bis auf ein- 
zelne Köpfe, nicht sonderlich bedeutend; die Madonna z. B. ist sehr 
nüchtern und das Urbild vieler späteren Madonnenköpfe der Art. Leider 
hat auch dies Werk sehr gelitten und ist stark restaurirt, wodurch wiederum 
der originale Charakter, besonders auch in der Carnation, vielfach ge- 
trübt ist. 
Dagegen ist das andre Altarwerk Hemlings, mit der Anbetung der 
Könige auf dem Hauptbilde, ebenfalls vom J. 1479, bis auf wenige Aus- 
nahmen vortrefflich erhalten. Hier auch sieht man, bei einfacher Naivetät 
und Strenge, gemüthlich ausdrucksvolle Köpfe; die Ausführung ist sehr 
zart, der Gesammtton wiederum ernst. Das Werk ist mit den Bildern des 
Berliner Museums (welche neuerlich ebenfalls dem Hemling zugeschrieben 
sind),  dem schlafenden Elias und dem Passahfest,  nahe verwandt, 
hat jedoch in seinen Motiven eine entschieden höhere Ausbildung. 
Eine ächte Arbeit Hemling's ist ferner das aus dem Hospital St. Julien 
in die Sammlung des Johannishospitales übergegangene Distychon vorn 
J. 1487 mit dem sehr schönen Bildniss des Martinus de Newenhoven.  
Zweifelhaft dagegen das weibliche Brustbild der sog. Sibylla Zambetha.  
Eine Kreuzabnahme mit Heiligen auf den Flügeln ist sehr gute Arbeit eines 
Zeitgenossen.  
Gemäldesammlung der Akademie. 
Hier von Joh. van Eyck das Gemälde der thronenden Maria mit 
dem Kinde zwischen St. Donatian und St. Georg, vom J. 1436. Dies ge- 
rühmte Werk hat alle die unschöne Schärfe, deren der Meister unter Um- 
ständen fähig zu sein vermag. Die Maria ist nicht schön, das Christkind 
hässlich. Die im Antwerpener Museum "befindliche Copie sänftigt dies 
Alles.  Das Portraitbild von des Meisters Frau, vom J. 1439, hat in 
seiner einfachen Malerei etwas Ansprechendes.  Der Christuskopf vom 
J. 1440, auf welchem der Meister als Inventor bezeichnet wird, ist da- 
gegen innerlich ungeschickt und unbedenklich eine Copie erst aus dem 
löten Jahrhundert. 
Die dem Hcmling zugeschriebenen Bilder erscheinen als Arbeiten 
seiner Sßhllle-  Die Bilder mit der Darstellung grausamer Rechtspflege 
durch König Cambyses .von Anton Claessens verrathen nicht mehr Nach-
	        
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