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Reisenotizen vom Jahr
1845.
Familie Snoeck (1630); figurenreich, sehr schön; im Farbenton einiger-
maassen dem Fr. Hals verwandt.
Ant. van Dyck: N0. 111. Christus am Kreuz nebst Dominicus und
Katharina von Siena. Grosses und meisterhaftes kirchliches Dekorations-
bild. Auf einem Stein zu Füssen des Kreuzes die schöne Inschrift: „Ne
Patris sui Manibus terra gravis esset, hoc saxum Cruci advolvebat et huic
loco donabat Antonius Van Dyck." No.112. Der todte Heiland auf dem
Schoosse der Mutter. Gross und hoch; derbe malerische Kraft in seiner
Art; doch im Ganzen ebenfalls mehr kirchliche Dekoration. No. 113.
Derselbe Gegenstand in Langformat. In der Empfindung ungleich schärfer
und höchst ergreifend; weich harmonisch gemalt, doch noch von derber
Behandlung. (Wiederum noch viel tiefer im Gefühl ist das eben denselben
Gegenstand behandelnde Gemälde van Dyck's im Berliner Museum.)
No. 114. Bildniss des Cäsar Alexander Scaglia, spanischen Gesandten am
Congress zu Münster. Ganze lebensgrosse Figur von einfacher Schönheit.
No. 115. Christus am Kreuze, sehr trefflich.
Gerh. Seghers: N0. 117. St. Stanislaus, in den Jesuitenorden ein-
tretend. Einfach energisch, an spanische Weise erinnernd. No. 120. Die
h. Therese und ein Engel. Bleich caravaggesk; die Heilige bedeutend.
N0. 121. „la Vierge au scapulaire", ebenfalls ein anziehendes Bild.
Spätere Meister:
Peter van Lint. Mehrere Bilder. Eine Gesellschaft, am Ufer eines
Flusses rastend (N0. 169), tüchtig, wie ein derber L. Giordano. G. Maes,
Martyrium des h. Georg, (No. 165), in der Art des Cortona. Barth.
van den Bossche, No. 197, grosses Portraitbild, gem. 1711, sehr aus-
gezeichnet. Andreas Lens (Direktor der Antwerpener Akademie 1763)
Verkündigung, No. 206. Ein angenehmer Batoni, weich und warm; die
Maria selbst anmuthig naiv; der Engel Gabriel ein feiner antiker Jüngling
ohne Flügel.
Gent.
Die Kathedrale (St. Bavo) Frühgothisches Gebäude; das Innere
von leichten hohen Verhältnissen; die Pfeiler viereckig mit Halbsäulen.
Der grosse künstlerische Schatz dieser Kirche besteht in den Mittel-
bildern jenes berühmten Altarwerkes der Brüder van Eyck, dessen Flü-
gclbildcr die Gallerie des Berliner Museums zieren. Sie sind in derselben
höchsten Feinheit durchgeführt wie diese. In dem unteren Bilde, der An-
betung des Lammes, zeigt sich dieselbe sehr mannigfache Charakteristik,
welche z. B. dem Flügelbilde der heiligen Einsiedler einen so ganz un-
schätzbaren Werth giebt. Keine Luftperspektive. In den drei grossen
Gestalten der oberen Reihe Gott-Vater, Maria, Johannes Baptista,
herrscht zugleich eine eigenthümliche Erhabenheit. In dem Bilde des
Gott-Vater wirkt das Typische eigen nach: hier ist noch keinesweges schar-
fer Naturalismus. Der Johannes hat etwas Mildes, weich Schwärmerisches
im Ausdnlük, Maria eine reine Schönheit der Züge, wie solche nur auf
raphaelischen Bildern erscheint. Nur ist eben die Malerei, besonders bei
der Maria, noch etwas streng.
Von Gerhard van der Meeren, dem Schüler des Hubert van Eyck.
ist hier das authentische und sehr merkwürdige Bild einer Kreuzigung
Christi, mit der Darstellung der ehernen Schlange und der Quelle des Fel-