Geschichte der Kunst des
Zur
Mittelalters
in Norddeutschland.
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schon der Titel ergiebt, hat sie es zunächst mit einem Gegenstande zu
thnn, der dem weiteren Gebiet der Kulturgeschichte des Mittelalters an-
gehört und der namentlich in nächster Verbindung mit der Kostümweschiehte
steht. Die Bedingnisse der Stadt- und Hausanlage in mittelalterlichen
Zeiten werden hier mit gründlicher Kenntniss und in sehr anschaulicher
Weise auseinander gesetzt. Die Abhandlung reiht sich in diesem Be-
tracht der schönen Schrift von H. Leo nüber Burgenbau und Burgeneiu-
richtung in Deutschland vom 11ten bis zum 14ten Jahrhundert" (in v. Rau-
mers historischem Taschenbuch, Jahrgang 1837) vortheilhaft an; beide
Arbeiten zusammen geben uns ein vortretfliches Bild der Verhältnisse und
Gestaltungen des mittelalterlichen Lebens, das u. a. auch für den ausüben-
den Künstler von grösstem Interesse sein muss. Es liegt indess in der
Natur der Sache. dass Herr Brandenburg auch das Architektonisch-
Künstlerische in Erwägung ziehen und dass seine Bezugnahme auf die
stralsundischen Monumente über die letzteren in mannigfacher Weise Licht
verbreiten musste. Näher auf das Detail einzugehen, ist hier nicht der
Ort; ich füge nur die beiläufige Bemerkung hinzu, dass er in der Zeitbe-
Slimmung der vorhandenen Monumente nicht durhweg die Ansichten theilt,
die ich in meiner eben genannten Schrift entwickelt habe.
Nehmen wir zu den im Vorigen angeführten ältern und neuern Werken
noch die Arbeiten, die Tischbein und Milde über die Denkmäler
Lübecks und Böhndel über die Schnitzwerke des Brüggemann in
Schleswig geliefert oder begonnen haben, so gewinnen wir in alledem schon
einen anz hübschen Ueberblick über das Kunstleben in den deutschen
Üstseeländern. Nur Mecklenburg auf der einen Seite, wo es doch an sehr
beachtenswerthen Monumenten keineswegs fehlt, und auf der andern die
gegenwärtig unter russischer Herrschaft stehenden deutschen Ostseeprovinzen,
die demselben Kreise künstlerischer Ühätigkeit angehören, sind noch etwas
dunkle Punkte. Mögen auch über die in diesen Ländern vorhandenen
Kunstdenkmäler bald nähere Mittheilungen verödentlicht werden!
Den verschiedenartigen Schriften und Bildcrwerken, die wir über die
Monumente der sächsischen Lande bereits besitzen, reiht sich als eine
nicht ganz zu übersehende kleine Arbeit an der
Wegweiser durch I-Ialberstadt und die Umgegend etc. mit vier
Ansichten nach Lichtbildern von Dr. F. Lucanus. (Ha1berstadt1843.
64 s. in 12.)
Besondere Untersuchungen irgend welcher Art konnten natürlich auf
keine Weise im Plane eines Büchleins liegen, das nur die Absicht hatte,
auf alles Bemerkenswerthe rasch und übersichtlich aufmerksam zu machen.
Die pßrSößliche Neigung und Erfahrung des VertI, des bekannten Kunst-
freundes und Herausgebers des grössern Werkes über den Halberstädter
Dom, brachte es indess mit sich, dass Alles, was in artistischer und monu-
mentaler Beziehung Bedeutung hat, mit angemessener Würdigung aufge-
führt wurde. Wir besitzen somit in diesem Büchlein, trotz seiner Kürze,
ein sehr brauchbares Verzeichniss von Gegenständen, die unter dem Vater-
ländischen Denkrnälervorrathe keine der letzten Stellen einnehmen. Auch
enthält dasselbe mehrfach Notizen, die wir als neue Mittheilungen will-
kommen heissen müssen, namentlich über Beschaffenheit und Alter der
Holzhäuser des löten und löten Jahrhunderts, die nirgend anderswo eine