Zur Geschichte
der deutschen Kunst im Mittelalter.
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Lieht- und Sehattenwirkung; nach einem grösseren lViaassstabe behandelt,
geben diese Blätter vorzüglich gehaltreiche Belehrung über die Anordnung
und die Dekoration der fruhgermanischen Bauweise in Deutschland, sowie
auch die daran befindlichen Sculpturen mit Sorgfalt in ihrer charakteristi-
scheu Eigenthümlichkeit wiedergegeben sind. Vprzüglicliste Anerkennung
aber verdienen die beiden Blätter, welche die zwolf Statuen des westlichen
Chores die Bilder der ursprünglichen Stifter und Wohlthäter des Domes
darstellen. Diese Blätter sind von Haach eben so treu und geistvoll
gezeichnet, wie von Schlick mit zarter Sorgfalt lithographirt; es sind
kleine Meisterwerke in der Auffassung alterthüinlich historischer Eigen-
thümlichkeit. Ueber die letztere äJIalälht-It läh lgieri rtiichts hionzuzufügeä;
ich habe diese für die Geschichte er eutsc en cu p ur so ü eraus wie
tigen Arbeiten in meinem Handbuch der Kunstgeschichte bereits näher cha-
Iakterisirt.
Ich übergebe einige andere, minder bedeutende Sculpturen des Domes,
die in den in Rede stehenden Heften noch enthalten sind um über die
letzten Blätter noch ein Paar Worte zu Sagen", Diese bringen die Darstel-
lungen von ein Paar anderen naumburgischen Monumenten. Zunächst die
eines alterthümlichen Gebäudes im spätromanischen Style, einer Curie in
der Nähe des Domes, in Ansicht, Grundrissen, Durchschnitten und Details,
für die Anschauung der Privatarchitektur JGIICT frühen Leit ein sehr wich-
tiges Beispiel. Sodann Grundriss und Ansicht der Wenzelskirche, eines
sonderbaren Gebäudes aus der Spätzeit des germanischen Styles.
Eben so reichhaltig wie diese bildlichen Darstellungen ist der Text;
welcher sie begleitet (62 S. in Fol.). Herr Geh. Rath Lepsius, von dem
der grössere Theil desselben herrührt, hat mit grosser Sorgfalt und Um-
sicht eine Schilderung des Gebäudes und all seiner besonderen, technischen,
construktiven und ästhetischen Eigenthümlichkeiten entworfen; hierauf folgt
eine gründliche, urkundlich gesicherte Darstellung der den Bau betreffen-
denhistorischen Verhältnisse, denen gemäss Herr Lepsius die Ansicht, die
er sich über das Alter der verschiedenen Bautheile gebildet, zu entwickeln
und gegen anderweitige Einwürfe festzustellen sucht. Die nachträglichen
Bemerkungen von der Hand des Herausgebers tragen wesentlich zum nähe-
ren Verständniss der Besonderheiten des Domgebäudes und der mitgetheil-
ten Darstellungen desselben bei, wie sie auch das Nöthige über die andern
beiden Gebäude, die im Vorigen genannt sind, beibringen.
äch muss mir vonh denRLesprn des äiiänstälatteä täieäirätuibniss erbitten,
auf ie kunsthistorisc en esu tate, we c e err e at epsius vor-
legt, hier etwas näher eingehen zu dürfen. Der Gegenstand ist für die
Vaterländische Kunstgeschichte, für die Culturgeschichte überhaupt, zu
wichtig. um nicht auf eine ausführlichere Erörterung Anspruch zu haben.
Der würdige Verfasser selbst, bei dem wir es nicht, wie leider sonst so
oft, mit einer vorgefassten Meinung zu thun haben, wird es nicht aninaas-
Send finden, wenn ich die Grunde seiner Ansicht einer Kritik unterwerfe
und die entgegenstehende Ansicht näher darzulegen suche. Die wichtig-
sten Daten für die Baugeschichte des Domes bestehen dann, dass ein Dom-
gebäude an dieser Stelle im Anfang des 11ten Jahrhunderts gebaut und
Zwischen 1040-1050 eingeweiht worden ist, und dass im Jahr 1249 be-
deutende Zurüstungen zu einer neuen Vollendung des Dorngebäudes vor-
bereitet wurden. Das Letztere bezieht sich ohne allen Zweifel (und aus
Wichtigen Nebengründen) auf den Bau des westlichen Chores, und wir ge-