Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

Ein Entwurf von Raphael. 
(Kunstblatt 1844, N0. 
Ein interessanter Entwurf von Raphael, eine flüchtige Federzeichnung 
mit wenig leichten Schattenstrichen, angeblich in Rom beiindlich, ist 
kürzlich von J. Keller gestochen und bei J. Buddeus in Düsseldorf er- 
schienen. Es ist die Composition der "belle Jardiniere", aber in einzelnen 
Motiven abweichend von dem bekannten Gemälde und oEenbar beträcht- 
lich früher als dieses. Die Haltung der Madonna ist noch ein wenig con- 
ventionell, noch ein wenig an die umbrische Auffassungsweise gemahnend, 
erinnert auch noch etwas an die "Jungfrau im Grünen", das bekannte 
Gemälde der k. k. Gallerie zu Wien. Die beiden Kinder sind ebenfalls 
noch, was die Formenbildnng betrifft, den früheren Jugendbildern Raphaels 
verwandt, dabei aber zugleich in Haltung und Bewegung mehr spielend, 
mehr materiell naiv aufgefasst; jene klarere, gemessnere Grazie, jener 
höhere, sinnvollere Ernst, wodurch die beiden Kinder der belle Jardiniere 
so unbeschreiblich anziehend wirken, wird hier noch vermisst. Der Ent- 
wurf erscheint als ein nicht unwichtiger Beitrag zu der Bildungsgeschichte 
des grossen Meisters. Er giebt einen neuen Beleg, wie Raphael das Werk, 
nachdem er den ersten künstlerischen Gedanken dazu empfangen, still in 
sich reifen, liess, und wie seine Grösse vor Allem in der vollendeten Durch- 
bildung seiner Werke beruht. Das ist freilich keine neue Wahrheit; aber 
es scheint, dass man sie heutiges Tages wohl ab und zu aufs Neue aus- 
zusprechen hat.   
Die Ornamentik des Mittelalters. Eine Sammlung auserwählter 
Verzierungen und Proüle byzantinischer und deutscher Architektur, gezeich- 
net und herausgegeben von Carl Heideloff, Architekt und königl. Pro- 
fessor der Baukunst an der polyteohnischen Schule und königl. Conservator 
der Kunst- und Baudenkmale des Mittelalters-in Nürnberg, Ritter etc. 
I. Band oder I-IV. Heft. Mit 48 Stahlstichen und  Bogen Text in 
deutscher und französischer Sprache. Nürnberg 1843. gr. 4. 
1844, 
(Kunstblatt 
Die Erscheinung eines Unternehmens, wie des vorstehend genannten, 
bedarf keiner Rechtfertigung. Die Zeit ist nicht mehr, in welcher man 
Sklaliisch, des Rechtes der eigenen Schöpfung sich freiwillig entäussernd, 
einer einzelnen Geschmacksrichtung folgte. Die wissenschaftliche Forschung 
hat einem vielseitigeren künstlerischen Drange Bahn gebrochen, dem künst- 
lerischen Studium die mannigfaltigsten Quellen eröffnet. Die alte Kunst 
unserer eigenen Heimat "ist als gewichtiges Vorbild wiederum mit in die 
Reihe getreten, freilich nicht, um nur sie eben so einseitig zu copiren, 
wie weiland die der Römer und Griechen, aber um uns doch an ihr, die
	        
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