Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

Künste. 
Geschichte der bildenden 
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lebendig; die sinnvolle Benutzung dessen, was uns_an sicheren Urkunden 
über das Wesen des alt-ägyptischen Volkes vorliegt, gestaltet sich zu 
einem klar anschaulichen, harmonisch geschlossenen Bilde. Das zweite 
Kapitel enthält eine ausführliche geographische Uebersicht gder Gebäude 
ägyptischen Styles; das dritte spricht von dem Style der ägyptischen Archi- 
Lektur, das vierte von der Sculptur und Malerei dieses Volkes. Mit schö- 
nem, feinem Sinne weiss der Verfasser das, was die ägyptische Kunst 
überhaupt gross, erhaben, tüchtig und kräftig macht, zu entwickeln und 
bis in die geringsten Einzelheiten hinein darzulegen; in diesem Betracht 
ist seine Arbeit hier wieder auf mannigfache Weise belehrend und durch 
die Eröffnung neuer Gesichtspunkte förderlich anregend. Nach meinem 
Urtheil jedoch, wie ich es auch im Obigen bereits angedeutet habe, ist er 
in der That von einseitiger Vorliebe für die ägyptische Kunst nicht frei; 
manche Mängel, die nicht bloss einer Kunstweise angehören, welche 
überhaupt noch auf niedriger Stufe verweilt, sondern die wir als ganz 
speziell ägyptische bezeichnen. müssen und die die Wagschaale dieses 
Volkes wieder etwas leichter machen, werden hier kaum berührt. Der 
starre Schematismus, der die ganze ägyptische Kunst durchdringt, scheint 
mir nicht in genügender Schärfe bezeichnet. So hätte z. B. jenes geistlose 
Zusammenkleben von Architekturstücken, das besonders an den Brüstungen 
und Thürpfosten zwischen den Säulenfacaden der Tempel recht unschön 
und widerwärtig erscheint, etwas deutlicher entwickeit werden sollen. So 
spricht der Verfasser bei Gelegenheit der persepolitanischen Reliefs aller- 
dings von der hier stattfindenden nmangelhaften" (besser: conventionellen) 
Behandlung des menschlichen Körpers, die die Füsse stets im Profil nimmt, 
wenn auch der Körper von vorn gesehen wird; erwähnt aber keinesweges, 
dass dasselbe, und in noch viel stärkerem Maasse, nach einem noch mehr 
nüchternen Schematismus, bei allen ägyptischen Reliefs und Malereien 
wiederkehrt, wo man bekanntlich nie die Brust im Profil gezeichnet sieht. 
 Ueber die obernubischen Denkmäler lässt sich der Verfasser nur ziemß 
lich kurz aus und giebt von ihnen keine bestimmte Charakteristik. Das 
Werk von Cailliaud, welches dieselben behandelt, scheint ihm unbekannt 
geblieben zu sein. 
 Indem ich hiemit meine, schon etwas ausführliche Anzeige schliesse, 
bitte ich den Leser und den Verfasser des Buches um Entschuldigung, 
wenn meine Gegenbemerkungen bei einem Werke, dessen grosse Verdienste 
S0 klar daliegen, vielleicht einen zu bedeutenden Raum eingenommen 
haben. Mein Verhältniss zu diesem Buche wird dies vielleicht verzeihlich 
erscheinen lassen. Niemand wird zugleich das Verdienst des Verfassers 
und die Fördernisse, welche sein Werk bringt, dankbarer anerkennen und 
dem Erscheinen der folgenden Bände mit lebhafterem Interesse entgegen- 
Schen, als der Unterzeichnete. 
L
	        
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