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Berichte- und
itiken.
Denkmäler bildender Kunst in Lübeck, gezeichnet und herausge-
geben von C. J. Milde, Maler, und begleitet mit erläuterndem historischen
Text von Dr. Ernst Deecke. 1. Heft, enthaltend: in Bronze gravirte
Grabplatten. Lübeck 1843. Auf Kosten des Herausgebers. F01.
(Kunstblatt
1843,
Das Unternehmen, welches mit dieser ersten Lieferung ins Leben
tritt, ist bereits in No. 72 des vorjährigen Kunstblattes angekündigt wor-
den. Ueber Plan und Verhältnisse des Ganzen ist dort bereits das Nähere
gesagt. Der Plan hat in so fern eine Veränderung erfahren, als der Her-
ausgeber beschlossen hat, die Denkmäler, die denselben Gattungen künst-
lerischer Technik angehören, in den einzelnen Lieferungen zusammen zu
Ordnen, so dass sie besondere Folgen für sich bilden und eine bequemere
Uebersicht verstatten, und dass zugleich der Vortheil gewährt wird, die
einzelnen Abtheilungen, je nach den Interessen der Kunstfreunde, geson-
dert erwerben zu können. Der lnhalt der ersten Lieferung ist auf dem
Titel bezeichnet. Sie führt uns auf fünf Tafeln (von denen zwei die dop-
pelte Grösse der übrigen haben) die Abbildungen zweier bronzenen Grab-
platten mit gravirten Darstellungen und die Abbildungen von einzelnen
Theilen der einen dieser Platten vor.
Die erste Grabplatte, in der Domkirche befindlich (Tnfl), enthält in
starker Umrisszeichnung die kolossalen Gestalten zweier lübischer Bi-
schöfe; die Umschrift besagt, dass der eine von ihnen im Jahr 1317, der
andere 1350 gestorben sei. Das Werk fällt also ohne Zweifel in die Zeit
gleich nach der Mitte des 14ten Jahrhunderts, was auch der entschieden
germanische Styl der Darstellung, in der charakteristischen Fassungsweise
gerade dieser Epoche, bestätigt. Beide Gestalten befinden sich in archi-
tektonischen Nischen, die ebenso durch gravirte Zeichnung angedeutet
werden; der Fuss der Nischen, ihre Seitenpfeiler, die Tabernakel-Archi-
tekturen, welche sie bekrönen, sind sehr reichlich mit kleineren figürlichen
Darstellungen ausgefüllt. Unterwärts nämlich sieht man friesartige Bänder,
in denen Scenen aus dem Leben zweier Heiligen dargestellt sind; da-
zwischen Gestalten der irdischen Freude, Jünglinge und Jungfrauen. In
den Pfeilern bauen sich die Gestalten der Apostel, Propheten und Patriar-
chen empor, eine jede wiederum in zierlich gesonderter architektonischer
Umfassung. Die krönenden Tabernakel-Architekturen zerfallen in je zwei
Hauptabtheiluugen; in der unteren sieht man Engel, welche die Seele des
Geschiedenen emportragen, in der oberen den Erlöser und ebenfalls Engel
zu seinen Seiten. Die Gründe hinter den Figuren der Bischöfe und hinter
den Nischen sind mit einem reichen, teppichartig gemusterten Ornamente
erfüllt. Bei solchem Reichthum an Darstellungen ist diese Grabplatte ge-
WiSS eine der merkwürdigsten in ihrer Art, für die Technik sowohl, als
für die Stylistik und Ornamentik der Zeit ein höchst interessanter Beleg.
Auch die ganze architektonische Dekoration, welche dabei angewandt ist.
vßrdlellf Sorgfältige Beachtung; wir finden in den Einzelheiten die zier-
lichstßn Elemente dcs gothischen Styles; ihre Anwendung aber trägt ganz
das Gepräge des Backsteinbaues im nordöstlichen Deutschland, dessen
Matßrlal im den entsprechenden Stellen, durch Andeutung der Steinfugeu,