Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

Trachten des 
christlichen 
Mittelalters. 
431 
Benennungen, Form der Inschriften, künstlerischer Styl und Alles, was 
sonst, der heutigen schärferen Kritik entsprechend, zur sicheren Zeit- 
bestimmung eines Kunstwerkes in Betracht kommen kann , ist hiebei sorg. 
fältig in Erwägung gezogen, und der Grund solchen Verfahrens überall 
(largelegt. Mit gleicher Sorgfalt ist die Verschiedenheit der Tracht bei den 
verschiedenen Geschlechtern, Lebensaltern, Ständen und Beschäftigungen 
beobachtet, überhaupt Alles gethan, um eine vollständig klare Einsicht in 
die Darstellung zu geben. Wo es nöthig ist, sieht man mithin eine Figur 
oder einzelne Theile einer solchen von verschiedenen Gesichtspunkten 
aus dargestellt, auch kleinere Details des Kostüms im vergrösserten Maass- 
stabe wiederholt. Was die Nationalität anbetriiit, so wiegt natürlich die 
Darstellung deutscher Monumente vor; doch fehlt es auch keineswegcs an 
englischen, französischen, italienischen u. a. Denkmalen  Das Werk cr- 
scheint in zwei Ausgaben, die eine in Umrissen, die andere sorgfältig ko- 
lorirt. Für den Gebrauch der ersteren giebt der Text allen nöthigen Nach- 
weis über die Farben, wie überhaupt der Text in Alles, was das Ver- 
ständniss der Darstellungen anbetritit, wesentlich näher einführt. 
Ein Seil! bedeutender Vorzug des Hefnefschen Werkes besteht ferner 
darin, dass der künstlerische Styl jedes einzelnen Monumentes, mag das- 
selbe auch noch einer sehr rohen Epoche der künstlerischen Entwickelung 
angehören, auf's Getreueste wiedergegeben ist. Freilich entbehrt das Werk 
dadurch, namentlich in seiner ersten Abtheilung, jener bequemeren An- 
muth, die so manche der neueren französischen Kostümwerke, in welchen 
das Material gleich nach den Bedingnissen einer freieren Kunstweise um- 
gebildet ist, wohlgefälliger erscheinen lässt. Doch liegt ein äusseres 
Wohlgefallen der Art wohl nicht füglich im Plane solcher Werke. Viel- 
mehr muss es dem Künstler und Jedem, der mit Ernst ein historisches 
Kostümstudium. beginnen will, höchst wichtig sein, an die reine unver- 
fälschte Quelle geführt zu werden; ihm selbst kommt es ja erst zu, dies 
Material für weitere Zwecke zu verarbeiten. Ich glaube, für die Richtig- 
keit dieses Princips, die zu klar zu Tage liegt, bedarf es keiner weiteren 
Motivirung. Wohl aber gewinnt das Werk hiedurch noch einen zweiten, 
sehr bedeutenden Nutzen, den nämlich, dass es, indem es die stylistischen 
Unterschiede der verschiedenen Epochen auf's Klarste darlegt, zugleich 
der kunsthistorischen Anschauung und dem kunsthistorischen Studium in 
vortheilhafter und reichhaltiger Weise entgegenkommt. Die Zeichnungen, 
in Umrissen und zum Theil in leichter Schattirung ausgeführt, tragen 
überall das Gepräge der grössten Treue; auch der Stecher, C. Regnier, 
hat sich mit Geist und Gefühl den verschiedenen Stylformen glücklich an- 
zuschmiegcn gewusst; besonders in den späteren Lieferungen der einzelnen 
Abschnitte erscheint seine Arbeit in ansprechender meisterlicher Sicher- 
bei; In der kolorirten Ausgabe ist nicht minder die charakteristische 
Vortragsweise der verschiedenen Epochen beachtet worden. 
Es ist mit Zuversicht zu hotfen, dass ein so wohl angelegte und bes 
reits zu so erfreulichen Erfolgen gediehenes Werk der nöthigen Theil- 
nahme von Seiten des Publikums nicht entbehren, dass es nicht, wie so 
manch ein schönes deutsches Unternehmen, als unvollendeter Torso ab- 
brechen werde, dass vielmehr dem Herausgeber Muth und Freude erhal- 
ten bleibe, um auf der eingeschlagenen Bahn immer weiter vorschreiteu 
zu können.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.