Bauwerke
altchristlichen
Die
von Ravenna.
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Die altchristlichen Bauwerke von Ravenna vom fünften bis
zum neunten Jahrhundert, historisch geordnet und durch Abbildungen
erläutert von A]. Ferdinand von Quast. Berlin 1842. Verlag vQn
G. Reimer. 50 Seiten Text und 10 Tafeln in Folio.
(Kunstblatt,
Nro.
1843,
Die kunsthistorische Bedeutung der Baudenkmale, die sich zu Ra-
venna aus den Zeiten des christlichen Alterthums, namentlich aus dem
fünften und sechsten Jahrhundert, auf unsere Tage erhalten haben, ist
längst anerkannt. Nach dem Falle Roms ward Ravenna für einige Zeit
die wichtigste Stadt des Occidents. Glänzende Bauwerke, welche hier so-
fort in grosser Anzahl und vornehmlich zur Feier der neuen Religion, zu
der sich die alte Welt bekannt hatte, entstanden, gaben das Zeugniss einer
so ausgezeichneten Stellung. Unbehindert vbn dem Eindrücke der Denk-
male des klassischen Alterthums, der in Rom noch von übermächtigem
Einflüsse war, und eben so wenig der Verführung ausgesetzt, die Einzel-
theile der klassischen Monumente zu neuen Bauten zu verwenden (wie es
in Rom nur zu häufig geschah), konnte man hier zu einer selbständigeren
Durchbildung des künstlerischen Styles, den die Bedürfnisse der neuen
Zeit forderten, gelangen; in häufiger und unmittelbarer Verbindung mit
dem Orient musste man vielfach Gelegenheit finden, die Ergebnisse, die
sich dort, und besonders in Constantinopel, zur Ausbildung eines neuen
Kunststyles hervorgethan hatten, aufzunehmen und auf diese oder jene Art
eigenthümlich anzuwenden. Die minder bedeutsame Stellung, zu der Ra-
venna nach jener Glanzperiode wiederum hinabsank, hatte es zur Folge,
dass die Denkmale nicht so häufigen und durchgreifenden Umwandlungen
unterworfen wurden, wie dies in Rom fort und fort der Fall gewesen ist.
So ist es zunächst die mehr oder weniger reine Erhaltung dieser Menü-
mente und die charaktervolle Ausbildung des altchristlichen Kunststyles
überhaupt, was ihnen für uns einen so grossen Werth gieht; sodann der
Umstand, dass die Elemente des orientalisch-christlichen (des byzantini-
schen) Styles theils in der Bildung des Details, theils aber auch in der
ganzen Anlage und Durchbildung einzelner Monumente, an ihnen auf ent-
Schiedene Weise hervortreten. Das letztere ist für uns um so wichtiger,
als uns über die Denkmale des christlichen Alterthums im Orient und be-
S.ders in Constantinopel noch immer erst eine nur sehr mangelhafte
Kunde vorliegt, und zugleich auch vorausgesetzt werden darf, dass dort
aus der früheren Entwickelungszeit, aus dem vierten und fünften Jahr-
hundert, kaum etwas Erhebliches erhalten sein dürfte.
Doch war bisher das Material, das uns zur näheren Bekanntschaft mit
den ravennatischen Denkmalen führen konnte vorausgesetzt, dass man
nicht ein Studium an Ort und Stelle und eine Durcharbeitung der Quellen-
Sßhriften vornahm, ebenfalls noch sehr wenig zureichend. Es ist kaum
etwas Andres in diesem Betracht anzuführen, als die kleinen, zum 'I'heil
Sßgar nicht fehlerfreien Risse in d'Agincourts bekanntem Werk unddie
Notizen von Schorn in den "Reisen in Italien seit 1822 von Thiersch,
Sehm-n u_ A," Das in der Ueberschrift genannte Werk des Herrn v. Quasi
ist das erste, welches uns genauer in diesen so höchst interessanten Denk-
Kugler, Kleine Schriften. II. '26