Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

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Berichte und Kritiken. 
ten der Katharinenkirche von Oppenheim (vielleicht des wichtigsten Bei- 
spieles für diesen Zweck) zu befolgen: den Tliurm nämlich ebenfalls vier- 
eckig bgginnen Zn 1assen, doch etwa nur bis zur halben Dachhöhe, so dass 
schon hier, sobald zwischen den Dächern der Raum für die vier Eckseiten 
des Achteckes vorhanden ist, die Entwickelung des letzteren stattfände. 
Durch das Vorherrschen der Form des Achteckes würde das Ganze natür- 
lich schlanker, die Entwickelung irärelebendiger, das feinere Pyraniidal- 
spiel der gothischen Arckitektur fände Gelegenheit, sich schon früher zu 
entfalten, und damit wäre zugleich für das Hinüberspielen der in den Ecken 
der Wände einporsteigenden Architekturformen in die des Thurmes, somit 
für die Verbindung desselben mit dem Körper des Gebäudes [für das 
Aeussere) die Anknüpfung gegeben. Indess sehe" ich sehr wohl ein, dass 
auch so, ohne irgend ein vollendetes Vorbild der Art, die Composition 
eines solchen Mittcltliurmes nur das Werk einer selbständig künstlerischen 
Conception sein könnte. 
WVas der Verfasser über die Vollendung des Domes, über die Art und 
Weise, wie diese durchzuführen, über die Ordnung und Folge der Aus- 
führung, sowie über die innere Ausstattung sagt, ist eben so sehr ein Zeug- 
iiiss seiner unvermindertcn, wahrhaft innigen Begeisterung für das wunder- 
bare Bauwerk, wie des gesunden und künstlerisch freien Sinnes, dadurch 
sein Name in der Geschichte der Wiederentdeckung unserer schönen hei- 
mischen Kunst sich unvergänglich gemacht hat. Er spricht hier gar Vie- 
les aus, das in der That sehr zu beherzigen sein dürfte. Vor Allein er- 
freulich ist es, dass er auf's Ernstlichste darauf dringt, dass" auch bei den 
jetzt noch zu bauenden Theilcn der Kirche jenes grossartige System der 
Strebethürme und Strebebögen möge beibehalten werden. Er führt nicht 
bloss die ästhetische, sondern auch die constructive Nothweiidigkeit dieses 
Systems durch; und das abschäecklende Beispiel der Dgmkirche Zion Utrecilit, 
deren Schiff im Jahre 1674 ure einen gewaltigen turm nie ergewor en 
ward, während der durch Strebewerk gesicherte Chor unversehrt stehen 
blieb, scheint zur rechten Zeit in Erinnerung gebracht zu sein. Der Ver- 
fasser berührt bei dieser Gelegenheit auch die auffallende Erscheinung, 
dass an den Stellen, wo die Strebebögen am Chorew des Kölner Domes in 
die Oberwände des Ohores eingelassen waren, ein 'lheil_der Gliederungen 
und Verzierungen abgeschlagen _war, um auf diese Weise den nöthigen 
Platz zu schaffen, dass man mithin bei Aufführung jener Wände auf die 
lnachfolgveindeh Eiäiwöläiulpg dtllg Strebebögen keine Rücksicht genommen 
atte. an at ies a in er ären wollen, dass es urs rün lich ar nicht 
die Absicht gewesen sei, jenes Strebewerk aufzuführen? Geggen diese An- 
sicht erklärt sich der Verfasser, und gewiss mit Recht, wie sich dies noch 
aus anderen Gründen darthun lässt. Wenn er aber behauptet, jene auf- 
fallende Erscheinung rühre daher, dass man bei der Aufführung der Wände 
die nöthigen Verbandstücke für das Strebewerk vergessen habe (wäh- 
rend er doch voraussetzt, dass der vollkommene Entwurf für das Ganze 
vorlag), so kann ich ihm nicht geradezu beistimmen; es kommen an dem 
Chßrß Zwar manche Nachlässigkeiten der Construction vor, eine solche 
Nachlässigkeit möchte ich aber den alten Meistern nicht gern aufbürden. 
Mir erklärt sich die Sache sehr einfach aus meiner Gesammtauffassung der 
Gesclächltelges Baues, die in einer stückweisen, allmähligen Weiterbildung 
und m i ung der ursprünglich entworfenen Bauformen besteht; hiebei 
ist es sehr wohl denkbar, dass man jedesmal zunächst nur den Thejl des
	        
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