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Kölner Dom.
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gelassen hat. Diese reichere Anordnung war durch den Organismus der
Westfaeade bedingt, erscheint aber für die ungleich beschränktere Fronte
des Querschitfes in der That als Ueberladung. Indcss möge mir der sehr
verehrte Verfasser verzeihen, wenn ich auch gegen seine jetzige Darstel-
lung der Fronte des Qucrschitifes (sowie über seine Darstellung des Mittel-
thurmes) noch einige Einwendungen erhebe. Es scheint mir, dass auch
in andrer Beziehung das Vorbild der Westfacade hier nur auf eine be-
schränkte Weise zur Anwendung kommen dürfe; dort handelt es sich um
eine ungleich breitere Masse, deren Seiten zugleich in jene mächtigen
Thürme emporschiessen, dort ist somit die Form des Einzelnen durch das
grössere Ganze bedingt, während sie hier mit einem kleineren Ganzen in
Einklang stehen muss. So erscheinen mir, in der vorliegenden Zeichnung,
das grosse Fenster über dem Mittelportal (welches dem Mittelfenster der
Westtagade nachgebildet ist) etwas zu breit, das Feld des Dachgiebels über
demselben etwas zu stark lastend, und die Strebepfeiler zu den Seiten des
Fensters, in Gemässheit dieser beiden Verhältnisse, etwas zu schwach; ich
wurde, um diesen Uebelständen zu begegnen, die Strebepfeiler etwas stär-
ker machen, wodurch das Fenster etwas eingeengt und dem Druck seines
Bogens und des Giebels ein festerer Widerstand gegeben würde; dabei
würden sich zugleich die Thürmchen, welche die Streben oberwärts krö-
nen, höher erheben, und durch alles dies das Ganze auf eine etwas ener-
gisehere Weise flankirt und hervorgehoben sein. Sodann muss ich mich
auch gegen die Gesammtanordnung der Portale aussprechen. Es scheint
mir nicht völlig angemessen, dass die Seiteneingänge eines kirchlichen Ge-
bäudes dieselbe Ausdehnung haben, wie der Haupteingang, dass hier also
ebenso, wie auf der Westseite, drei Portale neben einander stehen; es
scheint mir dies um so weniger, als es wüuschenswerth sein dürfte, neben
den Seitenport-alen, zum ruhigeren Abschluss des Ganzen, noch den Ein-
druck der Mauertlächc wenn auch, wie an der Wcstseite, mit einem
Fenster durchbrochen zu gewinnen. Ich würde somit vorschlagen, nur
Ein Portal, in dcr Mitte, anzulegen und die Seitenportale durch Fenster
zu ersetzen. Diese Einrichtung würde noch in andrer Beziehung vortheil-
haft sein. Ich habe zwar eben bemerkt, dass die im vorliegenden Blatt
vorgenommene Veränderung rücksichtlieh der Seitenportale an sich sehr
günstig wirkt; dadurch aber ist ein neuer Uebelstand hervorgetreten, der
nämlich, dass nun die Giebelspitzen der Seitenportale das horizontale
Kranzgesixns eben nur berühren, dass somit hier an einer Faeade
die Horizontallinie völlig frei und im Widerspruch gegen das Gesetz der
Faeade des Domes vorherrschend wird. Setzen wir aber Fenster an die
Stelle der Seitenportale, so kommt deren Giebel wiederum höher zu stehen
und unterbricht jenes Gesims auf die gesetzliche NVeise. Freilich weiss ich
sehr wohl, was man sofort zur Beseitigung dieses Vorschlages anführen
wird; Auf der Nordseite ist ja schon eins dieser Seitenportale vorhanden,
folglich die Bestimmung der ganzen Einrichtung gegeben! Diese Bemer-
kung macht mich indess 1n meiner Auffassung keineswegs irre. Ich finde,
dass das Gebäude des Domes, Wenn auch in Befolgung Eines Grundrisses
und Eines Grundprincipes der Formen, doch erst allmählig, je nach den
Fortschritten des Baues selbst, zur steigenden Ausbildung seiner Formen
gelangt ist; dabei konnten im Einzelnen, wie es sich an minder erheblißhßn
Dingen hier in der That nachwelsen lässt, Fehlschritte gemacht werden.
Dann ist die ganze Nordseite, Wenigstens die des Ohorcs, in gewissem Be-