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Berichte und Kritiken.
innern Einschluss des Forums; hier zeigt sich aber schon eine beträchtlich
rohere Behandlung. Höchst wunderlich und unschön sind die Ecksäulen,
oder vielmehr die mit Halbsäulen verbundenen Eckpfeiler dieser Halle
componirt.
Der zweite Abschnitt enthält auf 27 Tafeln die Alterthümer von Aphro-
disias. Das ausgedehnte Forum dieser Stadt, 525 Fuss (engL) lang und
213 Fuss breit, ist mit einer ionischen Säulenhalle umgeben, die Säulen
von einfach spätgriechischer Form, in den Ecken Pfeiler von derselben
fabelhaften Composition, wie auf dem Forum von Cnidus. Der Haupt-
tempel von Aphrodisias, der im Mittelalter in eine Kirche umgewandelt
war, bildete einen ionischen Pseudodipteros von acht Säulen in der Fronte.
Auch hier sind es einfach späte, zum Theil schon schwere Formen; nament-
lich gewähren die attischen Basen der Säulen, an denen statt des obern
Pfuhls zwei dicke Rundstäbe angeordnet sind, einen unschönen Eindruck.
(Aehnliche Basen hat der oben genannte korinthische Tempel zu Cnidus.)
Ungleich interessanter, wie diese beiden Baulichkeiten ist ein drittes,
obschon beträchtlich späteres Gebäude, ein grosses Propyläum von korin-
thischer Architektur. Pfeiler," an ihrer Hinter- und Vorderseite mit Halb-
säulen verbunden, trennen die Thüren;.von ihnen springt nach, aussen ein
viersäuliger Prostyl, nach innen eine Stellung vonzwölf Säulen, in drei
Reihen geordnet, vor. Die Säulenstehen auf Piedestalcn und haben ge-
wundene Cannelirungen, der Frics ist convex und mit Akanthuswindungen
reich verziert. Dies sind Zeugnisse der letzten Periode der classischen
Architektur; dabei aber ist in der Behandlung, besonders des Ornaments,
noch sehr viel eigenthümlicher Geschmack und selbst noch eine gräcisi-
rende Eleganz zu bemerken. Autfallend ist die Composition des Akanthus,
dessen Blättergruppen zum Theil auf eine Weise geschwungen sind, dass
sie unmittelbar an denjenigen Styl der Ornamentik erinnern, der sich in
der spätromanischen Architektur (um 1200 n. Chr. vornehmlich in
Deutschland, geltend macht. Seit man sich genöthigt gesehen, den selb-
ständigen Werth der mittelalterlichen Architektur anzuerkennen, haben
auch die Gebäude aus der letzten Zeit der Antike, in denen sich bereits
manch ein mittelalterliches Princip ankündigt, ein grösseres Interesse ge-
wonnen; besonderswichtjg sind in diesem Betracht die unter asiatischem
Einfluss "entstandenen Architekturen, und unter ihnen kommt dem eben
besprochenen Gebäude keine der mindest bedeutenden Stellen zu. Für
die Bauzeit desselben wird übrigens, in Gemässheit des gleich zu nennen-
den Theaters von Patara, bereits die Periode um dasJahr 200 n. Chr. G-
anzunehmen sein. Ausserdem ist in Aphrodisias noch ein Hippodrom
zu bemerken, dessen oberste Sitzstufen mit Pfeilerarkaden umgeben waren.
Bruchstücke der letztern erscheinen mit reichem Ornament überladen, im
Style des ebengenannten Propyläums, doch ungleich weniger schön.
Der dritte Abschnitt, 14 Tafeln, behandelt die Alterthümey von Pa-
tara, unter denen das dortige Theater von sehr erheblicher Wichtigkeit
ist. Von dem Scenengebäude desselben, welches einer Inschrift zufolge
unter dem Kaiser Antoninus Pius, um die Mitte des zweiten Jahrhun-
derts nach Christi Geburt, erbaut wurde, steht noch so viel, dass es in
seiner ganzen Einrichtung vollständig zu restauriren ist. Dasselbe bildet
somit einen höchst interessanten Beitrag für unsere, bisher noch immer so
mangelhafte Kenntniss der Scene des antiken Theaters. Auch in Bezug
auf seinen architektonischen Styl ist dies Gebäude sehr bemerkenswerth;