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Berichte und Kritiken.
auch einige einleitende Schritte geschehen, um die Kallenbachkchen Mo-
delle dereinst für Berlin zu gewinnen, doch haben diese leider zu keinem
Erfolge geführt. Jedenfalls scheint es ein dringendes Bedürfuiss, Muster
nicht bloss für die Werke der Malerei und Sculptur, sondern auch, und
zwar mit einer durchgreifenden Consequenz, für die Architektur anzulegen,
und nicht bloss für den praktischen Bedarf des ausübendeu Architekten,
sondern zugleich und vorzugsweise für die Zwecke einer allgemeinen Wis-
senschaftlichen Bildung; denn das ist ja eben die hohe Bedeutung der
Architektur, dass in ihren Werken uns die Entwickelungsphasen der Cul-
turgeschichte auf diealleranschauliehste, die allerprägnanteste Weise gegen-
übertreten. Was bis jetzt in solcher Art gesammelt ist, besteht nur theils
aus Abgüssen einzelner architektonischer Details, die in den Kunstschulen
zumStudium gebraucht werden, theils aus solchen Modellen, die durch
zufällige Industrie entstanden sind. Unter den letztern sind vorzugsweise
die Modelle italienisch antiker Architekturen, zumeist aus Kork, auch aus
Speckstein gearbeitet, anzuführen; das Museum von Darmstadt besitzt an
dergleichen Arbeiten eine schon ganz bernerkenstverthe Sammlung; die vor-
züglichstc Bedeutung, unter den mir bekannten, haben jedoch die Modelle
im Museum von Neapel, besonders das wahrhaft bewunderungswürdige
grosse Modell von Pompeji. In beiden Richtungen dürften die Anknüpfungs-
punkte einer architektonischen Sammlung, wie ich sie mir vorstelle, gege-
ben sein; aber beide müssten, wollte man anders zu höheren Resultaten
gelangen, unter einem umfassenden, eigentlich wissenschaftlichen Gesichts-
punkte fortgesetzt werden. Man müsste in der Beschaffung der Modelle
auf alle bedeutsameren Entwickelungsmomente der Architektur Rücksicht
nehmen, müsste, soweit es nur möglich ist, auf die Darstellung vorzüglich
charakteristischer Monumente aus allen Zeiten und Ländern bedacht sein;
neben dem Modell des Ganzen müssten sodann grössere Modelle von wich-
tigen architektonischen Details oder unmittelbare Abgüsse von solchen auf-
gestellt werden. Auch dürften dabei architektonische Originalstücke ihre
passliche Stelle finden und selbst Fragmente des Materials, daraus das be-
treifende Monument gearbeitet ist, nicht zu übergehen sein (da ja das Ma-
terial immer einen, wenn schon bedingten Einfluss auf die Structur und
die Form ausübt). Ferner wäre der Nutzen einer solchen Sammlung noch
wesentlich zu erhöhen, wenn man damit zugleich eine möglichst umfas-
sende architektonische Bibliothek, für herausgegebene bildliche Darstenun-
gen und besonders auch für Zeichnungen, Verbände. Denn so viel wich-
tiger auch das Modell ist, seiner vollständigen Körperlichkeit wegen, die
den ganzen perspectivischen Eindruck des Originals von jedem Stand-
punkte aus möglich macht, so wird die Zahl der Modelle doch immer nur
eine verhältnissmässig beschränkte sein können. Abbildungen würden
demnach zur vortheilhaften Ergänzung der Uebersicht dienen; und da die
Zahl derjenigen, die zur Publikation kommen, ebenfalls beschränkt ist, so
müssten tüchtige Zeichner geworben werden, um, wenn möglich, sich einer
311501119311 Vßllställdigkeit in der Sammlung architektonischer Darstellungen
annähern zu können.
Die Erinnerung an Kallenbachs zierliche Arbeiten hat mich zu einer
AbSCilWBIfUBg und zum Aussprechen nfrommer Wünsche", die ich freilich
schon lange mit mir herumtrage, veranlasst; ich muss es dahin gestellt sein
lassen, 0b man diesen ein geneigtes Ohr schenken wird.