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Berichte und Kritiken.
lung bereits in Kenntniss gesetzt hat, Bericht geben. Dieselbe betrifft die
ursprüngliche, mit der Vollendung des Baues gleichzeitige Bemalung des
architektonischen Details. die seither durch spätere Uebertünchungen ,ver-
deckt war; es sind einfache, harmonisch wechselnde und bestimmt von-
einander geschiedene Farbentöne, durch welche die charakteristisch vor-
herrschenden Linien des Innern, sowie die vorzüglichst bedeutsamen Ein-
zelheiten auf eine entschiedene Weise bezeichnet werden. Die Verhältnisse
der Farben entsprechen durchaus der Art und Weise, wie man bildliche
architektonische Darstellungen (namentlich die Einfassungen der Canones)
so oft in den Miniaturmalereien, welche die Manuscripte jener Periode
schmücken, behandelt sieht; sie dienen dazu, den Totaleindruck des Ge-
bäudes, seiner Eigenthümlichkeit gemäss, auf sehr angemessene Weise zu
erhöhen. Diese Entdeckung ist um so mehr zu beachten, alstwir seither
von der Anwendung der Farbe in der Architektur des Mittelalters nur
vereinzelte Zeugnisse hatten, obgleich Alles darauf hindentete, dass eine
solche angenommen werden musste; während die Untersuchungen über die
Polychrornie der antiken Architektur seit den letzten sieben Jahren all-
mählig bereits zu immer bestimmteren Resultaten geführt haben. Herr
Schmidt wird auch hievon in seinem Werke über die Laacher Kirche
Proben mittheilen 1).
Während Hr. Schmidt im westlichen und Hr. Puttrich im östlichen
Deutschland für die Erforschung und Bekanntmachung der Denkmale des
vaterländischen Alterthums so erfolgreich thätig sind und sich den von
ihnen herausgegebenen Werken manche andre bedeutende Arbeiten ver-
wandter Richtung, wie das vorgenannte schöne Werk des Baron Stillfried,
anreihen, hat sich gleichzeitig auch im Norden des Vaterlandes ein nicht
minder wichtiges Unternehmen derselben Art vorbereitet. Ankündigungen
aus Lübeck bringen die Nachricht, dass dort ein umfassendes Werk unter
dem Titel:
Denkmäler bildender Kunst in Lübeck, gezeichnet und heraus-
gegeben von C. J. Milde, Maler, und begleitet mit erläuterndem histori-
schem Text von Dr. Ernst Deecke,
erscheinen soll. Lübeck, das Haupt der Hanse, ist als der Centralpunkt
der künstlerischen Bestrebungen zu betrachtengwelche in den späteren
Jahrhunderten des Mittelalters in den baltischen Ländern, soweit in diesen
die germanische Cultur umhergetragen wurde, hervorgetreten sind. Zu-
gleich" hat sich dort ungemein viel, vielleicht mehr als in irgend einem
andern der becleutenderen Hanseorte, an alterthümlichen Reminiscenzen
erhalten. Was bisher über die alten Denkmäler von Lübeck bekannt ge-
macht ist, reicht nicht hin, um diese Schätze nur mit einiger Vollstän-
digkeit würdigen zu lernen; das angekündigte Werk wird demnach den
kunsthistorischen und culturhistorischen Forschungen des Vaterlandes ein
mannigfach wichtiges Material zuführen und zur Ausfüllung einer sehr
wesentlichen Lücke dienen. Es ist auf 6 Hefte, jedes Heft zu 4-6 Blättern
mit bildlicher Darstellung, berechnet; die Blätter sollen zum Theil colorirt,
zum Theil auch durch eine neue Art des Abdrucke angefertigt werden.
1) Das Institut der britischen Architekten hat bereits vor mehreren Jahren
eine Preisfrage über die mittelalterliche Polychromie aufgestellt; es scheint aber
nicht, dass dieselbe auf genügende Weise gelöst werden ist.