der deutschen
Geschichte
Zur
Mittelalter.
Kunst im
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Sorgfalt und Ausführlichkeit behandelt; bei den andern, die nicht in glei-
chem Grade wichtig erscheinen, hat Hr. Schmidt sich, wohl um sein Werk
nicht über die vorgezeichneten Schranken auszudehnen. mit minder um-
fassender Darstellung begnügt. Indem dies Verfahren im Allgemeinen nur
zu billigen ist, muss ich doch bemerken, dass dadurch bei der einen oder
der andern Mittheilung gleichwohl manch ein charakteristischer Punkt, der
in den allgemeinen kunsthistorischen Entwickelungsgang mit eingreift,
übersehen wurde. Ich hatte kürzlich Gelegenheit, die hier vorgeführten
Monumente an Ort und Stelle zu untersuchen, und werde den folgenden
Notizen hie und da eine meiner eigenen Bemerkungen beifügen. Ich
nenne die Monumente in ihrer kunsthistorischen Folge.
Als das älteste erscheint eine achteekige Kapelle zu Mettlach an der
Saar, etwa noch dem elften Jahrhundert angehörig, später auf geschmack-
voll gothische Weise umgebaut, gegenwärtig eine überaus malerische
Ruine. Nach meiner Ansicht war diese Kapelle ursprünglich ein baptiste-
rienartiger Bau, ähnlich der Münsterkirche zu Aachen und der Kirche zu
Ottmarsheim im Elsass, von dem man, zur Zeit der genannten Bauverän-
derung, den Umgang und die darüber befindlich gewesenen Emporen dürfte
abgerissen haben. Auf das elfte Jahrhundert scheinen mir die alten (von
Hrn. Schmidt nicht dargestellten) Kämpfergesimse der Pfeiler zu deuten.
Beträchtlich jünger ist die Kirche zu Merzig an der Saar. In ihrer gan-
zen Dekoration trägt diese Kirche ein spätromanisches Gepräge, mit allerlei
phantastischen und zum Theil auch schon barocken Umbildungen, wie
dergleichen an den rheinländischen Kirchen dieses Styles nicht selten ist.
Zwischen den Fenstern der Seitenschiffe sind Wandstreifen angeordnet, die
bereits in die Bildungsweise gothischer Streben übergehen. Die Kirche ist
eine Säulenbasilika; vorzüglich merkwürdig aber ist es, dass die Säulen
bereits durch Spitzbögen verbunden werden, und zwar so, dass die Spitz-
bögen der südlichen Säulenreihe nur wenig über den Halbkreis erhöht,
die der nördlichen Reihe dagegen entschiedener ausgesprochen erscheinen.
In dieser Verbindung von Säulen und Spitzbögen steht die Kirche zu
Merzig, auf sehr merkwürdige Weise, den normannisch-sicilianischcn Bau-
werken parallel. Ich nenne hiebei noch eine andre Kirche verwandten,
aber etwas älteren Styls, die, gleichfalls im Regierungsbezirk Trier, hart
an der luxemburgischen Grenze '1iegt. Es ist die kleine Basilika des
Dorfes Roth an der Our; Hr. Schmidt hat dieselbe nicht in sein Werk
aufgenommen. In dieser Basilika wechseln Pfeiler mit Säulen. Die Pfeiler
Sind (wie auch anderweitig Beispiele der Art vorkommen) durch grössere
Halbkreisbögen verbunden; die kleineren Bögen aber, welche, im Ein-
Schluss jener grösseren, von den Säulen getragen werden, haben bereits
die Form des selbständigen Spitzbogens. Die Säulen selbst haben noch
ein Ziemlich streng romanisches Gepräge 1). Diese beiden Kirchen, sowie
1) Roth liegt auf steilem Felsen über der Our. Jenseit, schon auf luxem-
bllrgischem Gebiet, im tiefen Thalkessel, den eine üppig südliche Vegetation
erfüllt, liegt das Städtchen Vianden. Das letztere zieht sich um einen Fels-
vorsprung hin, den das mächtige Schloss von Vianden, jetzt eine höchst gross-
artige Ruine, krönt. Dies Schloss enthält wiederum die schönsten und im edel-
sten Geschmack ausgebildeten Bautheile spätromanischen Styles; vorzüglich merk-
würdig durch eigenthümliche Anlage, und durch eigenthürnliche Behandlung dieses
Styls ausgezeichnet, ist die Kapelle des Schlosses. Der Maler Hr. Ponsart
war bei meiner Anwesenheit daselbst mit Aufnahme der interessantesten Thellß