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Berichte und Kritiken.
sowohl wie die sämmtlichen Eigenthümlichkeiten des Styles, auf die Früh-
zeit des elften Jahrhunderts zu deuten scheint. Sie werden uns in einer
sehr charaktorvollen Abbildung mitgetheilt. Es sind drei grosse Platten,
die eine stellt den Erzengel Michael dar und darunter die heil. drei Kö-
nige, die sich merkwürdiger Weise der Gestalt des sitzenden Erlösers (nicht
der h. Jungfrau) entgegenbewcgen; die beiden andern, Bruchstücke eines
grösseren Ganzen, enthalten jede eine stehende Apostelfigur. Der Heraus-
geber macht es sehr wahrscheinlich, dass diese Arbeiten ursprünglich den
Giebel einer älteren, an dieser Stelle befindlich gewesenen Kapelle ge-
schmückt habcn. Ausserdem enthält das dritte Heft noch die Abbildung
eines Kupferbeckens, welches mit Schmelzmalerei geschmückt ist und sich
im Stiftsschatze des Klosters Tepl in Böhmen befindet. Es gehört der
Zeit am Schlusse des zwölften Jahrhunderts an; die darauf enthaltenen
Wappen deuten auf die Verbindungen, in welchen die nürnbergischen
Burggrafen aus dem Hause Hohenzollern mit dem französischen Königs-
hause standen.
Von den
Baudenkmalen der Römischen Periode und des Mittelalters in
Trier und seiner Umgebung, herausgeg. von Chr. W. Schmidt,
ist ebenfalls, seit ich die früheren Lieferungen derselben in N0. 58 ff. des
Kunstblatts vom J. 1840 besprochen habe, eine neue Lieferung, die dritte,
erschienen. Die vorgenannten Werke hatten nicht bloss den Zweck, wis-
senschaftlich zu belehren, sondern zugleich durch selbständig künstlerische
Darstellung der besprochenen Gegenstände zu unterhalten und solcherge-
stalt eine möglichst ausgebreitete Theilnahme hervorzurufen. Hr. Schmidt
hat diesem Nebenzweck von vornherein entsagt; er giebt keine malerischen
Ansichten, keine, mit den Spielen des Lichts und des Helldunkels ausge-
statteten Perspeetiven; er begnügt sich vielmehr mit einfachen, zumeist mit
streng geometrischen Linearzeichnungen. Dafür aber entschädigt er reich-
lich durch die Art und Weise, mit welcher er die künstlerische Struktur,
den ästhetischen Organismus der Bauwerke vor uns zu entwickeln weise,
durch die sichere Auffassung des Styles und seiner etwa vorhandenen Un-
terschiede, durch den scharfen Blick für das architektonische Detail und
die trefllichen, eharaktervollen Profildurchschnitte, welche er von den
architektonischen Gliederungen vorlegt. In allen diesen Beziehungen ist
sein Werk geradehin als ein Musterwerk zu bezeichnen; der kunsthistori-
sehen Forschung, als einer sehr ernsten wissenschaftlichen Disciplin, ist
hier die sicherste Grundlage gegeben; und nicht bloss für die Architektur,
auch für die bildende Kunst finden wir hier manche schätzbare Beiträge.
Die vorliegende dritte Lieferung (10 Kupfertafeln in Folio und 68 Seiten
Text in Quart enthaltend) bringt einen sehr grossen Reichthum verschie-
denartiger Gegenstände; es sind darin nicht weniger als zwölf Baulich-
keiten aus den verschiedensten Perioden des Mittelalters behandelt und
zugleich einige ausführliche Darstellungen von Sculpturwerken gegeben.
Diese Werke gehören den verschiedensten Gegenden des gegenwärtigen
Regierungsbezirkes Trier an, so dass das SohmidUsche Werk nunmehr fast
alle wichtigeren Monumente des Mittelalters, welche in den Triefschen
Landen vorhanden sind, vor-führt. Einige der Monumente, mit denen uns
die dritte Lieferung bekannt macht, sind wiederum von sehr hohem In-
teresse für die kunsthistorische Forschung; diese sind mit vorzüglicher