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Rheinreise,
1841.
Zweiter
Abschnitt.
sprechende Dinge, soweit diese aus den allgemeinen Typen der Kölner
Schule, in Gewandung und Kopfbildtmg, hervorgehen. Die Arbeiten
haben übrigens sehr gelitten. Statt des Goldgrundes ist rother Grund an-
gewandt, und die Hciligenscheine sind gelb gemalt.
StädePschcs Institut.
Die Martyrien der zwölf Apostel, dem Meister Stephan zugeschrie-
ben und ursprünglich die inneren Flügelbilder des jüngsten Gerichts aus
St. Lorenz in Köln ausmachend. (Zunächst aus der Tosetti'schen Sammlung
in Köln stammend. Tosetti hatte die Flügel auseinandergesehnitten, um
jedes Martyrium als einzelnes Bild zu haben; die Bilder der Rückseiten
(auf jedem Flügel drei Heilige) waren dabei nicht beachtet worden. Später
verkaufte er die Rückseiten an Hrn. Boisseree, der sie abspalten und aufs
Neue zusammensetzen liess. S0 befinden sich diese mit den übrigen Gemäl-
den der Boissereeschen Gallerie gegenwärtig in derPinakothek zu München.)
Die zwölf Darstellungen stehen wieder ganz in demselben Verhältniss
wie das jüngste Gericht (vergl. oben, S. 298). Allerdings ist es ein Künst-
ler, der dem Stephan äusserlich sehr nahe steht und Vieles von ihm auf-
genommen hat. S0 die gesammte technische Behandlung, die im Einzelnen
entschieden an das HervvegHsche Bild erinnert, im Allgemeinen aber doch
mehr starke Farbe anwendet. S0 im Einzelnen der Gestaltung und der
Köpfe, wie z. B. bei einem knieenden Apostel, der enthauptet wird, auch
in dem beliebten Grün der Kölner Schule (Untergewand und Mantel); so
bei der Gruppe von Frauen, Männern und Kindern, die sich um den
gekreuzigten Andreas gesammelt haben etc. Doch fehlt auch hier schon
jene tiefere, zartere, innigere, seelenvollere Grazie. Aber das Wesent-
liebe der Auffassung ist höchst abweichend vom Dombildmaler, noch mehr
als auf dem jüngsten Gericht. Mit entschiedenern Wohlgefallen ergeht
sich der Meister in der Durchbildung aller möglichen Barbareien (zu denen
allerdings schon. eine Grundlage bei Meister Wilhelm gegeben war). So
erscheint z. B. auf der Darstellung, wo einer der Apostel mit den Armen
rückwärts über den Kreuzstamm gebunden wird, einer der Zuschauer in
jüdischer Praehtkleidung, indem er sich mit beiden Händen den Mund
aufreisst und Jenem die Zunge entgegenblöckt. iDas Maximum von alle
dem ist das Maftyrium des Bartholomäus, der mit dem Bauch auf einen
Tisch gelegt und festgebunden ist: Vorn sitzt ein zerlumpter Kerl, der
sein Messer behaglich wetzt, ein andrer trennt eben die Haut eines Beines
auf; ein dritter zieht mit aller Anstrengung, während er das blutige Messer
mit dem Munde festhält, mit beiden Händen die Haut von Schulter und
Arm, dass das blutig rothe Fleisch sichtbar wird und der Heilige sich
qualvoll aufdrängt. Zwei andre schauen von hinten zu; der eine jauchzt
verhöhnend, mit aufgerissenem Manie, dem Nachbar zu; dieser, ein feister
Kerl, wartet wohlgefällig lächelnd, bis er seine Pfefferbüchse, die er in
der Hand trägt, auf den Gesehundenen ausschütten kann. Dies und alles
Aehnllchß lSt übrigens wieder mit sehr grossem Talent zur Erscheinung
gfibracht, und auch die Energie der Leidenschaft drückt sich bereits glück-
llßh 3118- Hier vor Allem sieht man recht deutlich den Eintritt in ein
ganz 1191165 Gebiet der Kunst.
Bibliothek.
III der Prehnsohen Sammlung, die, aus lauter kleinen Bildern beste-
1161151 hier aufgestellt ist, findet sich ein allerliebstes poetisches miniatur-
artiges Bildchen aus der Kölner Schule. Der Garten des Paradieses, durch