Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

Reisenotizen vom 
1840. 
Conrad 
Eimbeck 
VOY! 
Halle. 
29 
Bildhauer 
Anfange 
Zll 
Conrad von Eimbeck, 
des 15. Jahrhunderts in der Mnritzkirche 
zu Halle. 
Die in dieser Kirche befindlichen Arbeiten des genannten Meisters 
tragen den allgemeinen Charakter der Zeit, mit einer gewissen Derbheit 
ausgesprochen. Die Gewandung erscheint spätgermanisch und ist zum Theil 
mit feiner Ueberlegung und Gefühl gearbeitet. Das Nackte zeigt eine sehr 
entschiedene und im Einzelnen glückliche Naturalistik. Es sind folgende 
Verke:  
1. Hautreliefligur des heil. Mauritius; darunter auf dem Postament die 
knieende Gestalt des Kaisers Maximilian. Inschrift: A. CCCCXI i) Conra- 
dus de Einbecke me perfecit. Kurzes, derbes Körperverhältniss, buntes 
Ritterkostüm der Zeit, mit Schellen am Gürtel. Hienach die volksthümliche 
Benennung der Figur: "der Schellenmoritz." 
2. Christus an der Martersäirle. Namens-Inschrift. 
3. Kolossalstatue des Eccehomo mit sämmtlichexi Passionszeichen. Die 
Seitenwunde sehr tief; von da der Blutstrom zum Fusse hinab völlig wie 
ein Flechtwerk. Im Uelvrigen diese Figur wegen der eben erwähnten 
Vorzüge besonders beachtenswerth. Nach Dreyhaupt, Beschreibung des 
Saalkreises (I. p. 1085) ursprünglich mit der Namens-Inschrift und der 
Jahrzahl 1416. 
4. Kleinere Mater dolorosa. Reliefartig; roher. 
5. Kleines Relief der Anbetung der Könige. Etwas roh trecentistisch, 
zugleich aber nicht minder naturalistisch. Namens-Inschrift. 
tragend (mit kleinen Engelgestalten, ebenfalls grau in grau, die klagend oder mit 
freudiger Geberde die Haupthandhzng begleiten); die Nischen durch geschweifte 
Bögen verbunden. Darüber eine Gallerie mit je sechs niederwärts zuschauenden 
Personen (deren viele gekrönt sind,  also vielleicht Vorfahren der Maria). Am 
obern Rande noch eine zweite Gallerie, ebenfalls mit kleinen (nicht grau in 
grau gemalten) Engeln. Die Haupthandlungen sind im Allgemeinen gut dispo- 
uirt. Die Körperlichkeit der Dargestellten aber ist kümmerlich und verzwickt, 
im Nackten sehr uuerquicklich, Hände und Füsse äusserst knöchern. Gelegent- 
lich, bei bewegteren Gestalten. sind perspektivische Verkiirzungen mit Absicht 
angebracht, doch ist auch dergleichen nicht mit Glück durchgebildet. Streben 
nach entschiedener Charakteristik, Bei Christus und besonders bei Maria, auch 
einzelnen Jiingerköpfen, eine gewisse idealistische Richtung (der aber, bis 
auf einen rolleren Marienkopf, die Kiimmerlichkeit des allgemeinen Gefihles doch 
die Wage hält). Mit besonderem Raffinement sind die ungehobelten, gemeinen 
llud ekelhaften Bildungen der Schergen behandelt; ebenso das gemein Nieder- 
trächtige in ihrem Ausdruck und das Gepeinigte in den Köpfen Christi auf den 
ersten Bildern. In der Doruenkröuung wird ihm eine enßßßüvßhtßnß- mit einem 
Walde von langen, dichten und dicken Dornen versehene Krone mit Hebebäumen 
i" Haut und Fleisch hineingepresst und deren Wirkung auf die Haut und der 
kT-"rlmpfhafte Ausdruck seiner Züge mit Henker-Begeisterung wiedergegeben. Die 
Farbe hat eine gewisse malerisch plastische Fülle. Die Behandlung ist durch- 
Weg haudwerksmässig. Gelegentlich zeigt sich in einigem Nßbßllsächlißhen ein 
feinerer Natursinn.  Auf den Aussenseiten des ersten und des letzten Bildes 
je Sechs Heilige, einfach statuarisch behandelt, in zwei Reihen unter rundbogigen 
Arkaden. 
1) 141i.
	        
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