298
Rheinreise,
1841.
Zweiter
Abschnitt.
Köln. Bei dem Maler Bürwenich 1). Mittclgrosses Bild alt-
kölnischer Schule: Crucifixus; links Katharina, Magdalena, Maria; rechts
Johannes, Dorothee, Christophorus (dieser in stattlich burgundischem Ko-
stüm.) Auf Goldgrund. Gutes Gemälde im Charakter des Dombildmei-
sters und ihm nahe, doch nicht von ihm selbst. Edel, grossartig und in
schönen Linien. Die Magdalena ganz wie auf dem, dem Stephan zuge-
schriebenen Flügelbilde in München. lm Wesentlichen leidlich erhalten,
doch wohl stark überputzt; das Gewand der Magdalena hat gelitten. Die
Nasenflügel eigen schwer, doch nicht auffallend.
Köln. Museum. Drei nicht bedeutende Bilder von gleicher Di-
mension, eine freie, aber sehr untergeordnete Nachahmung der drei inneren
Tafeln des Dombildes enthaltend. Nicht viel später als das Letztere.
Köln. Sammlung des verstorbenen Dr. Kerp. Kleines Bild
mit der sitzenden Madonna, neben ihr das sitzende Christkind. Nachfolge
des Meister Stephan und recht interessant. Die Madonna in Kleid und
Mantel von Granlila-Farbe; schöne, grossartige Gewandung. Das Gesicht
aber ohne die Lieblichkeit des Stephan, die Nase eigen lang; grossmächtige
Krone im Goldgrund 2).
Köln. Museum. Das dem Meister Stephan zugeschriebene Jüngste
Gericht, früher in einer Vorhalle (Passage) der Kirche St. Lorenz zu Köln
befindlich. 3 Fuss 10578 Zoll hoch, 5 Fuss Zoll breit. Goldgrund.
ln der Mitte, oberwärts, auf dem Regenbogen, thront der Weltenrichter;
zu seinen Seiten Maria und der Täufer Johannes. Dies sind die einzig
grösseren Figuren des Bildes, alle übrigen sind von kleiner Dimension.
Um Christus her flattern eine Menge von Engeln (im Style des Stephan,
mit Flügeln), von denen zwei, unterwärts, die Posaunen blasen, eine grossg
Anzahl mit Passionsinstrumenten, rechts einige mit den 'I'euf'eln über der
Hölle kämpfend. Der grösserel Theil des Raumes unterwärts wird durch
die Teufelsscenen eingenommen. Zwischen den Erderhöhungen, auf denen
Maria und Johannes knieen, öffnet sich eine Schlucht, durch welche eine
grosse gedrängte Sehaar von Nackten, mit mannigfaltigem, orientalischem
Kopfputz, von Teufeln mit einer Kette umschlossen und so der Hölle ent-
gegengezogen wird. Vorn in derMitte die aus ihren Gräbern Auferste-
henden, die meist sämmtlich von Teufeln in Empfang genommen werden.
Rechts die Hölle selbst, wo wiederum eine Schaar Nackter, geistliche
Würdenträger, Weiber u. s. w. dem Satanas entgegengepeitscht werden;
darüber Flammengebäude der lrlölle, wie Einige gemauert werden Links
das Thor (les Paradieses, brillant gothisch. Singende Engel auf den Zin-
nen, musicirendß bei Petrus, der die grosse Schaar der nackten Seligen.
die wiederum von Engeln geführt und gegen die Teufel vertheidigt wer-
den, in Empfang nimmt. Zu bemerken, dass unter den Scligcn viele
Weiber, unter den Verdammten aber nur wenige. Der Meister ist etwa
ein Zeitgenoss des Stephan, oder doch nur wenig jünger; auch wohl unter
seinem Einfluss, gegen Stephan selbst aber streitet Alles. Die hohe
ldealität, die Klarheit, Ruhe und Milde des Gcmüthes, das zarte, tief
l) Seitdem im Halldßl. 2) In derselben Sammlung befindet sich ein
Miniaturgemälde mit der Darstellung von acht weiblichem Heiligen, welches nach
Passavantfs Angübß (Kunstreise durch England und Balgian, S. 416) der Weise
das Meister Sxephan sehr xiahe stehen soll. Ich habe dies Letztere nicht rln-
deu, überhaupt in der Arbeit keine sonderliche Bedeutung erkannvu können.