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Rheinreise,
1841.
Zweiter
Abschnitt;
Altenburg an der Lahn (vergl. oben S. 181), parallel; doch zeigt sich hier
bereits entschieden die höher künstlerische Richtung. Die Compositionen
füllen geschickt, 0b 311611 mehrfach in bedeutender Figurenfülle . die ge-
gebenen Räume aus; im Einzelnen ordnet sich die Composition sehr grosS-
artig giottesk. Die Geberde hat zum Theil noch das halb Conventionellc
der Miniaturen jener Zeit, zum Theil wird sie aber auch schon frei und
naiv. Die Gesichter sind noch etwas typisch gebildet, zeigen dabei aber
schon ein glückliches Streben nach Charakteristik und selbst nach momen-
tanem Ausdruck. Die Farbe (ohne Zweifel Tempera) ist licht und heiter;
von Uebermalung habe ich nichts bemerkt. Die Gruppen sind in das
architektonische Stabwerk, das die Wände ausfüllt, hineingemalt und über
ihnen gemalte gothische Architekturen angeordnet. Hinter den Gestalten sind
gemalte Teppichgründe. Das Ganze ist Zeugniss einer künstlerischen Ent-
wickelung, die der gleichzeitigen italienischen wohl an die Seite zu stellen.
Auf den Rückseiten der Brüstungswände sieht man ebenfalls noch
Farbenspuren von Gemälden, die in gleicher Höhe selbst um die Pfeiler-
herumgezogen waren. (Noch erhaltene Stücke dieser Gemälde sind neuer-
lich hinter weggeräumtcn Epitaphien vorgefunden worden.)
Aehnliche schwache Reste von Wandmalerei auch in den Kapellen,
namentlich in der Agneskapclle.
In den Bogenwinkeln unter der Fenstergallerie des Chores sind unter
der Tünche schwache Reste von kolossalen gemalten Engelgestalten, sin-
gend und musicirend, entdeckt worden. Diese zeigten eine grossartig ger-
manische Anlage. (Sie sind später durch F reskomalereicn von Steinle
überdeckt worden.)
In dem mittleren Bogenfelde des Gewölbes des Chorschlusses ein
grosses gemaltes Medaillen mit dem kolossalen Brustbilde des Heilandes,
dem Anscheine nach schon ursprünglich nicht bedeutend und übermalt.
(Nachmals durch A. Achenbach neu aufgemalt.)
An der Wand, die den Chor interimistisch gen Westen abschliesst,
kolossale figürliche Malereien: im Bogen der thronende Heiland, darunter
Petrus und Paulus. Ebenfalls ursprünglich nicht bedeutend und übermalt
(und nachmals ebenfalls neu aufgemalt.)
Köln. Gemälde des Museums.
Kleiner Altar mit Flügeln. In der Mitte die Kreuzigung; links die
heilige Nacht und darunter die Anbetung der Könige; rechts die Himmel-
fahrt und die Ausgiessung des heiligen Geistes. Aussen Katharina, der
verkündigende Engel, Maria und eine andere weibliche" Heilige, die zu-
meist verdorben. Zu den ersten Beispielen des ausgebildet germanischen
Styles gehörig, doch auch wohl erst aus der Zeit um 1300. Die Typik
noch vollkommen Vßrherrsehend; die Gesichter streng schematisch gezeich-
net, doch schon ein schwacher Beginn von Modellirung; mehr im Körper
des Gekreuzigten und IIOCh mehr in den Gewändern. Der Faltenwurf weit
und in grossen Massen, die Colorirung licht und heiter. In der Auffassung
manches recht Bedeutsame; die Intention mit Entschiedenheit, nicht selten
mit einer eignen Grossheit ausgesprochen. In den Köpfen natürlich kaum
noch erst ein Beginn von Ausdruck.
Vier Gemälde auf Goldgrund, die den Wandmalereien im Domchore
sehr parallel stehen: Johannes, Paulus, die Verkündigung, die Darstellung
im Tempel. Auch hier noch ganz das allgemein germanische Element,
wie bei den Miniaturen. Der Styl der Gewandung grossfaltig, zum Theil