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Rheinreise,
1841.
Erster Abschnitt.
rische Richtung, eine gemeinsame Weise der Auffassung der Formell, ein
übereinstimmendes Streben nach dem Ausdrucke der Empfindung bemerk-
lich Es versteht sich von selbst, dass auch hier die begabteren Geister
von dm minder bggßbten sehr deutlich zu unterscheiden sind, und nicht
etwa bloss in dem grösseren äusserlichen Geschicke; aber wias sie so be-
deutend nlacht, besteht doch eben nur darin, wie sie Jene gemeinsame
Richtung zu einer höheren Donsequenz. zu einer edleren Läiuterung durch-
gebildet haben. Die Geschichte der Kunst bietet dafür unzahlige Beispiele
dan Und vor Allem, wie bemerkt, ist dies der Fall in der Architektur,
welche es nicht mit individuell abgeschlossenen Darstellungen zu thun hat.
deren Formen im Gegentheil auf allgemeineren Gesetzen gegründet sind
und aus den allgemeinen räumlichen Vcrhaltnissen, Bedinguissen und Ent-
wigkelungsmOmellten hervorgehen._ Die Architektur, deren Grösse und
Wirkung darin beruht, wie sie die Einzelformen nach einem gemeinsam
durchgehenden Gesetze bildet und in dieses aufgehen lässt, enthält recht
eigentlich die künstlerische Aeusserung des Gemeinsamen in den Zustän-
den der Zeit, dem das Streben des Einzelnen sich unterordnen muss.
Für solche Anschauungsweise hat es in der 'l'hat nichts Befremdlichcs,
wenn wir gewissermaassen zwei Meister für einen bedeutsamen Bau an-
113111119111), und nicht etwa bloss in dem Verhältniss, dass der eine als
fordernder Kritiker, der andre doch als der wirkliche Schöpfer und Aus-
führer, oder der eine als geistiger Urheber, der andre nur als handwerk-
licher Arbeiter dastände. Die allgemeine räumliche Anordnung des Kir-
ehengebäudes, der Styl, in welchem dasselbe ausgeführt werden sollte,
waren gegeben. Schon hiebei ist es vielleicht nicht ganz ilbertlüssig, zu
bemerken, dass die Disposition des Grundplanes des Kölner Domes jenes
Schema befolgt, welches in den französischen Kathedralen vorlag, und
dass Albert gerade vor der Zeittder Grundsteinlegung sich einige Jahre in
Frankreich aufgehalten hatte. Er konnte diesen Aufenthalt sehr wohl be-
nutzt haben, besondere nähere Studien über die Bauweise zu machen, die
in Frankreich bereits längere Zeit üblich war; ja, es ist selbst nicht uii-
möglich, dass ihm Erzbischof Conrad, falls er den Neubau schon früher
beabsichtigt, bestimmte Aufträge zu diesem Zwecke gegeben hatte. Dann
hatten sich in Deutschland in der jüngstverflossenen Zeit gewisse sehr
beachtenswerthe Modifikationen jenes neuen Baustyles geltend gemacht.
Warum sollte es nun so gar seltsam sein, wenn [zwei ausgezeichnete Männer
sich vereinigten, um durch gemeinsame Berathung die Grundgesetze dieser
Bauweise einander zur vollkommenen Klarheit zu bringen; bei Berücksich-
tigung der neuesten deutschen Bestrebungen das, was etwa als Willkür-
lichkeit erscheinen mochte. von denjenigen Elementen zu sondern. die in
der That als eine Weiterbildung des Systemes zu betrachten waren; sodann,
selbständig fortschreitend, die höhere Ausbildung zu bestimmen, deren
jener Baustyl nach ihrer Einsicht fähig war, und hiebei zugleich zu einem
i) Ich bemerke hiebei, dass eine Annahme, wie die obige, auch anderweitig
in der Geschichte der Architektur nicht ohne Beispiel ist. So ist der Hauiit-
tempel von Athen, der Parthenon, durch zwei Meister, lctinus und Callicrates,
erbaut worden. So erfanden und leiteten zwei Mönche. Sisto und Ristorß, 89'
mHlIISChSfCÜCh (1611 im Jahre 1279 bßgoungnen Bau da! KlTChG Maria Nßvellß
zu Florenz. Geistliche, wie die ßbßn genannten und wie Albertus Magnus.
treten im Mittelalter sehr häuüg als Baumeister auf.