Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 2)

Der 
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Dom 
Kö 
Architektur. 
znd seine 
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schliessen lassen. Auch im ersten Viertel (lieses Jahrhunderts treten nur 
erst sehr vereinzelte Elemente desselben auf, die überdies noch mit den 
Formen des romanischen Styles stark versetzt sind, die somit noch nicht 
als wirkliche Anfänge des gothischen Styles gelten können. Das merkwür- 
digste Beispiel (licser Gattung ist der im Jahre 1208 oder 1211 gegründete 
Chor des Magdeburger Doms. Erst das zweite Viertel des dreizehnten 
Jahrhunderts bezeichnet den wirklichen Beginn des gothischen Banstyles 
in Deutschland. Die wichtigeren Zeugnisse desselben gehören den nördli- 
chen Rheinlanden und ihren Nachbargegenden an; hier treten UIIS Sßmif 
gleichzeitig und auf eigenthümlich umfassende Weise die letzten Denkmale 
einer alten, die ersten Denkmale einer neuen Geistesrichturxg entgegen, und 
in erhöhtem Maasse erkennen wir das so überaus rege Wechselspiel der 
Kräfte, welches der Grundsteinlegung des Kölner Domes. in seiner unmit- 
telbaren Umgebung, voranging. Die frühgothischen Architekturen in 
Deutschland lassen es, obschon nur zum Theil und mehr oder weniger 
deutlich, erkennen, dass sie unter Einfluss jener älteren französischen Ge- 
staltung des gothisehen Styles entstanden sind, dass man, was natürlich auf 
keine Weise befremden kann, die Regeln, welche man dort bereits zu 
Grunde gelegt fand, sich anzueignen und zur Hervorbringung neuer Erzeug- 
nisse zu benutzen bemüht war. Aber die deutschen Architekten, welche 
den gothischen Baustyl in ihre Heimat einführten, waren keine Nachah- 
mer; mit vollkommener Freiheit und Selbständigkeit fassten sie jene fran- 
zösischen Gmndprincipien auf; sie erkannten die tiefere Bedeutsamkeit, 
welche in den Grundformen des neuen Styles verborgen lag und welche 
den eigenen Erfindern desselben dunkel geblieben war; sie kamen, wenn 
freilich auch erst allmälig, dahin, das, was in der französischen Architektur 
nur als Beginn, als eine verhältnissmässig niedere Entwickelungsstufe er- 
scheint, zur höchsten Vollendung, zur reinen Harmonie, zur geläuterten 
Schönheit (lurchzubildeli. 
Schon das ist als ein beachtenswerthes Zeugniss für die Selbständig- 
keit, mit welcher der gothische Baustyl in Deutschland angewandt wurde, 
zu erwähnen, dass man bei unseren frühgothischen Gebäuden mancherlei 
Eigenthümlichkeiten und Verschiedenheiten der Gesammtanlage, und vor- 
nehmlich des Grundplanes wahrnimmt; es ist, als ob sich hierin das Be- 
streben andeute, diejenige Hauptform aufzusuchen, die dem heimischen 
Geiste als die vorzüglichst entsprechende erscheinen möchte. Indess" ist 
dieser Umstand nicht geradehin als etwas vorzüglich Rühmenswerthes her- 
vorzuheben. Man könnte im Gegentheil vielleicht auch sagen, dass so ver- 
schiedenartige Bestrebungen nicht undeutlich die Absonderung des Einzel- 
nen aus der Gesammtriehtung des Volkes, das Verlangen nach subjektiver 
Gültigkeit und Berechtigung, die Vereinzelung der Interessen, kurz, dass 
sie denjenigen Fehler im Charakter des deutschen Volkes bezeichnen, der 
leider für unser schönes Vaterland so oft von unheilbringenden Folgen 
gewesen ist. Ungleich wichtiger ist es, dass an den frübgothischen Gebäu- 
den ill Deutschland von vorn herein ein viel lebendigerer Sinn für die 
Durchbildung der Einzelform, als wie in Frankreich, erscheint, für eine 
Durchbildung, welche auf dem Grundgesetz des Systernes beruht und welche 
somit allein eine organische Gestaltung des Ganzen herbeiführen konnte. 
Zugleich tritt dieses Bestreben nach erhöhter Durchbildung dennoch mit 
einer eigenthümlichen, fast jungfräulichen Schüghtgrnhgit und Keuschheit 
Kugler, Kleine Sehriflen. U. 9
	        
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